Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 311
Zu Abs. 1: Wird ein Provisionsanspruch zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter begründet ("bedungen" gem. § 65 HGB), sind die während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, deren Abschluss bzw. Vermittlung dem Arbeitnehmer übertragen war, und für die das Tätigwerden des Mitarbeiters (mit)ursächlich geworden ist, provisionspflichtig (§§ 65, 87 Abs. 1 S. 1 Var. 1 HGB). Nicht von §§ 65, 87 Abs. 1 HGB geregelt ist, ob dem Mitarbeiter der Abschluss und die Vermittlung bestimmter Geschäfte zugewiesen ist. Durch die Definition des Aufgabenfeldes im Arbeitsvertrag wird bestimmt, für welche Geschäfte überhaupt Provision verdient werden kann.
Werden aus einem Kreis von Geschäften, deren Vermittlung bzw. Abschluss zu den vertraglichen Aufgaben des Mitarbeiters gehört, nur bestimmte als provisionspflichtig definiert, stellt dies eine Abweichung von den §§ 65, 87 Abs. 1 S. 1 HGB dar. Unklar ist, ob von den §§ 65, 87 Abs. 1 S. 1 Var. 1 HGB abgewichen werden kann. Die Beschränkungen sollten sich bestenfalls daher (auch) aus den Beschränkungen der Aufgaben ergeben. In diesem Sinne geht das Muster davon aus, dass die Mitarbeiter nur in einem bestimmten Verkaufsgebiet tätig werden und zudem nicht für Key Accounts zuständig sind.
Zu Abs. 2: Das Gesetz sieht zusätzlich gem. §§ 65, 87 Abs. 1 S. 1 Var. 2 HGB auch solche Geschäfte als provisionspflichtig an, die ohne sonstigen Beitrag des Provisionsberechtigten mit Kunden abgeschlossen werden, die der Provisionsberechtigte neu als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Dieser Anspruch kann nach der h.M. arbeitsvertraglich abbedungen werden, was in dem Muster vorgesehen ist.
Gem § 65 HGB findet § 87 Abs. 2 HGB keine Anwendung auf Handlungsgehilfen (oder sonstige Arbeitnehmer), so dass von Gesetzes wegen kein Gebietsschutz besteht.
Zu Abs. 3: In der Aufstellung der Provisionssätze können z.B. für bestimmte Produkte oder Systeme feste Beträge pro Verkaufseinheit – oder auch pro Verkaufseinheit nach Erreichen eines bestimmten Mindestumsatzes – zugewiesen werden.
Zu Abs. 4: Gemäß § 87a Abs. 1 S. 2–3 HGB ist die Ausführung des Geschäfts durch den Geschäftspartner des Arbeitgebers der letztmögliche Zeitpunkt, zu dem eine Provision verdient sein kann. Die Regelung nutzt also – was durchaus üblich ist – den insofern bestehenden Gestaltungspielraum zugunsten des Arbeitgebers aus. Hierbei geht die Regelung ebenso wie die §§ 87a ff. HGB davon aus, dass der Arbeitgeber vorleistet. Preis dieser Gestaltung ist, dass gemäß der zwingenden gesetzlichen Vorgabe § 87a Abs. 1 S. 2 HGB ein angemessener Vorschuss zu zahlen ist, soweit der Arbeitgeber zuvor seinerseits den Vertrag ausführt, d.h. vorleistet. Entsprechend ist der monatliche Vorschuss (§ 4 Abs. 2 des Musters) zu bemessen.
Für § 87a Abs. 2 HGB ist dagegen in der hiesigen Konstellation kein Raum, da der Anspruch nach § 87a Abs. 1 S. 3 HGB schon nicht entsteht, soweit der Dritte endgültig nicht leistet. Ein etwaig überzahlter Vorschuss ist dann zurückzuzahlen.
Hinsichtlich § 87a Abs. 3 HGB ist unsicher, ob auch nur eine Konkretisierung des Verschuldensmaßstabes zulässig oder stets eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist. Da ein erhebliches praktisches Bedürfnis für eine solche Konkretisierung besteht, wird sie hier versucht. Jedenfalls dürfte die Normierung dieser Anforderung in der Tendenz zu einer eher gerichtsfesten Handhabung beitragen. Die Anforderungen orientieren sich in der Sache an der Rechtsprechung zur Vertragsnachbearbeitung im Versicherungsrecht.
Zu Abs. 5: Da nach dem Gesetz der volle Provisionsanspruch bereits bei Mitursächlichkeit der Tätigkeit des Mitarbeiters entsteht, sollte – auch bei möglichst klarer Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche – gerade für diesen Fall ausdrücklich eine Teilung des Anspruchs geregelt werden. Derartige Regelungen sind nach einhelliger Ansicht zulässig.