Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 986
Nach der Legaldefinition des § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG ist der Sozialplan die Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen. Liegt eine Betriebsänderung vor, ist die Aufstellung eines Sozialplans grds. erforderlich. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber unter Inkaufnahme von Nachteilsausgleichsansprüchen das Interessenausgleichsverfahren nicht durchgeführt hat. Der Arbeitgeber kann sich also nicht durch eine zügige Umsetzung der geplanten Betriebsänderung der Sozialplanpflicht und dem Verfahren zur Aufstellung eines Sozialplans entziehen. Bestehen wiederum Unsicherheiten darüber, ob eine Betriebsänderung vorliegt, können Arbeitgeber und Betriebsrat zwar einen Sozialplan für den Fall vereinbaren, dass es sich bei den Maßnahmen um eine Betriebsänderung handelt. Die Aufstellung ist dann allerdings freiwillig und fällt nicht unter §§ 111 ff. BetrVG. Endet das Amt des Betriebsrats, bspw. im Zuge einer Betriebsschließung oder Betriebsspaltung, hat der Betriebsrat für die Sozialplanverhandlungen ggf. ein Restmandat.
a) Erzwingbarkeit des Sozialplans
Rz. 987
Die Aufstellung eines Sozialplans ist erzwingbar, soweit nicht die Ausnahmetatbestände des § 112a BetrVG greifen. Einschränkungen hinsichtlich der Erzwingbarkeit bestehen gem. § 112a BetrVG, wenn eine geplante Betriebsänderung in einem bloßen Personalabbau besteht, sowie im Falle von Neugründungen von Unternehmen. Beim bloßen Personalabbau ist der Sozialplan nur erzwingbar, wenn die Schwellenwerte des § 112a Abs. 1 BetrVG erreicht sind. Neugegründete Unternehmen werden in den ersten vier Jahren vor einer Sozialplanpflicht geschützt, wobei die Ausnahme von der Sozialplanpflicht gem. § 112a Abs. 2 S. 2 BetrVG nicht im Falle von Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen greift.
Rz. 988
Praxishinweis
Die Pflicht zur Verhandlung eines Interessenausgleichs bleibt durch § 112a BetrVG unberührt.
Rz. 989
Kommt in den Fällen des erzwingbaren Sozialplans eine Einigung zwischen den Betriebspartnern nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle verbindlich. Mit der Umsetzung der Betriebsänderung muss der Arbeitgeber aber nicht bis zum Abschluss eines Sozialplans abwarten. Vielmehr kann er damit beginnen, wenn entweder ein Interessenausgleich zustande gekommen ist oder die Interessenausgleichsverhandlungen endgültig gescheitert sind.
b) Zuständiges Betriebsratsgremium
Rz. 990
Vor Aufnahme der Sozialplanverhandlungen ist zu klären, welche Arbeitnehmervertretung für die Verhandlungen zuständig ist. Aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Interessenausgleichsverhandlungen folgt nicht ohne weiteres auch dessen Zuständigkeit für den Abschluss des Sozialplans. Vielmehr ist gesondert zu prüfen, ob der Ausgleich oder die Milderung der durch die Betriebsänderung entstehenden Nachteile zwingend unternehmenseinheitlich oder betriebsübergreifend geregelt werden muss. Der Umstand, dass die Mittel für den Sozialplan von ein und demselben Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden müssen, genügt alleine nicht, um die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Sozialplanabschluss zu begründen. Etwas anderes gilt, wenn ein mit dem Arbeitgeber im Rahmen eines Interessenausgleichs vereinbartes, das gesamte Unternehmen betreffendes Sanierungskonzept nur auf der Grundlage eines bestimmten, auf das gesamte Unternehmen bezogenen Sozialplanvolumens realisiert werden kann.