Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
a) Einleitung
Rz. 660
Die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festlegung der zeitlichen Lage des Urlaubs unterliegt der betrieblichen Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG. Durch diese Beschränkung des arbeitgeberseitigen Gestaltungsrechts sollen die Urlaubswünsche des einzelnen Arbeitnehmers mit den betrieblichen Belangen in Einklang gebracht werden und die Urlaubswünsche mehrerer Arbeitnehmer koordiniert werden.
aa) Umfang des Mitbestimmungsrechts
Rz. 661
Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich auf jede Form bezahlten und unbezahlten Urlaubs. Es erfasst nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub gemäß § 1 BUrlG, sondern auch zusätzlichen Erholungsurlaub nach Tarif- oder Einzelarbeitsvertrag, Zusatzurlaub für Schwerbehinderte, den Bildungsurlaub nach den Landesgesetzen zur Arbeitnehmerweiterbildung sowie Sonderurlaub. Umfasst sind auch sog. Sabbaticals. Auch die Voraussetzungen und die zeitliche Lage bezahlter und unbezahlter Freistellungen von der Arbeit unterliegen der Mitbestimmung, sofern dadurch Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer beeinträchtigt werden können.
Die Mitbestimmung erstreckt sich dagegen nicht auf die Dauer des Urlaubs, die Berechnung des Urlaubsentgelts bzw. die Gewährung von zusätzlichem Urlaubsgeld. Hier gelten die gesetzlichen bzw. (tarif-)vertraglichen Regelungen. Ebenso wenig unterliegt eine Regelung über den Ausgleich von Abwesenheitszeiten durch Anrechnung auf den Urlaubsanspruch der Mitbestimmung des Betriebsrats.
bb) Einzelne Gegenstände der Mitbestimmung
(1) Allgemeine Urlaubsgrundsätze
Rz. 662
Allgemeine Urlaubsgrundsätze sind die betrieblichen Richtlinien, nach denen der Urlaub im Einzelfall gewährt oder – wie z.B. in Saison- und Kampagnenbetrieben – nicht gewährt werden darf oder soll. Hierzu gehört vor allem die generelle Entscheidung, ob der Erholungsurlaub von den Arbeitnehmern während des ganzen Jahres genommen werden kann oder während einer bestimmten Urlaubsperiode bzw. der zu diesem Zweck erfolgten Schließung des Betriebs (Betriebsferien) genommen werden muss. Auch können für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern Urlaubszeiten festgelegt werden. So ist beispielsweise für die Zeit eines Schlussverkaufs eine Urlaubssperre wegen dringender betrieblicher Belange denkbar.
Es kann geregelt werden, ob der Erholungsurlaub unter Berücksichtigung des § 7 Abs. 2 und 3 BUrlG zusammenhängend genommen werden muss oder wie er auf das Urlaubsjahr verteilt bzw. auf das nächste Urlaubsjahr übertragen werden darf. Im Übrigen sind die Betriebsparteien an das Gebot der Wunschberücksichtigung in § 7 Abs. 1 BUrlG gebunden. Dazu gehört, dass Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern den Erholungsurlaub bevorzugt während der Schulferien erhalten. Auch Lebensalter, Familienstand und Berufstätigkeit des Ehegatten können berücksichtigt werden. Rechtswirksam eingeführte Betriebsferien begründen aber nach Ansicht des BAG individualrechtlich dringende betriebliche Belange, hinter denen nach § 7 Abs. 1 BUrlG die individuellen Urlaubswünsche der Arbeitnehmer zurückstehen müssen.
Ferner zählt zu den allgemeinen Urlaubsgrundsätzen auch das Verfahren zur Festlegung des Urlaubs sowie Regelungen über die gegenseitige Vertretung.
Zu beachten ist, dass sich (insbesondere) in jüngerer Vergangenheit eine komplexe Kasuistik zum Verfall von Urlaubsansprüchen gebildet hat. Nach der Rechtsprechung des BAG vom 19.2.2019 verfällt – in richtlinienkonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 BUrlG – ein Urlaubsanspruch nur noch dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die ihm zustehenden Urlaubsansprüche informiert und ihn rechtzeitig dazu aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen. Zudem muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mitteilen, dass der Urlaub andernfalls verfällt. Die Beweislast für die Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten trägt der Arbeitgeber. Dafür reicht jedoch die abstrakte Information im Rahmen einer Betriebsvereinbarung nicht aus, so dass Gegenstand einer Betriebsvereinbarung über allgemeine Urlaubsgrundsätze allenfalls der Hinweis über die zusätzlichen – individuell vorzune...