Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 115
Die Mitbestimmung nach § 87 BetrVG gilt für alle Arbeitnehmer i.S.d. § 5 Abs. 1 BetrVG. Sie erstreckt sich somit insbesondere auch auf alle außertariflichen Angestellten (sog. AT- bzw. ÜT-Angestellte), sofern es sich nicht um leitende Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG handelt, da diese nicht vom Betriebsrat vertreten werden. Auch eine Vertretungsberechtigung für bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer fehlt.
Rz. 116
Grundsätzlich entfällt damit auch die Regelungskompetenz des Betriebsrats für Betriebsrentner. Die Rechtsprechung hat aber ausdrücklich offen gelassen, ob dies so auch für Fragen der betrieblichen Altersversorgung uneingeschränkt gilt. Notwendige Anpassungen der Versorgungszusage werden in der Rechtsprechung damit gerechtfertigt, dass der (inzwischen beendete) Arbeitsvertrag eine dynamische Verweisung auf die jeweils geltende Betriebsvereinbarung enthält, sodass auch die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeschlossene Betriebsvereinbarung Geltung erlangt.
Rz. 117
Leiharbeitnehmer gelten betriebsverfassungsrechtlich nur eingeschränkt als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes, da sie auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei dem Entleiher Angehörige des Verleiherbetriebs bleiben. Dies gilt unabhängig davon, dass gemäß § 7 S. 2 BetrVG die Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Entleiherbetrieb eingesetzt werden, den dortigen Betriebsrat mitwählen und zukünftig bei den für die Mitbestimmung geltenden Schwellenwerten auch beim Entleiher zu berücksichtigen sind, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht. Gleichwohl erstrecken sich die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats des Entleiherbetriebs nach § 87 Abs. 1 BetrVG jedenfalls immer dann auch auf Leiharbeitnehmer, wenn der Normzweck und das dem Entleiher zustehende Weisungsrecht dessen betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung zu dem Entleiherbetrieb erforderlich machen. Andernfalls würde der kollektive Schutz durch eine Interessenvertretung für die Zeit des Einsatzes im Entleiherbetrieb unterbleiben. In diesen Fällen ist dann der Betriebsrat des Entleiherbetriebs zuständig. Die sog. Zwei-Komponenten-Lehre, wonach sowohl ein Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Betriebs als auch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Betriebs bestehen müssen, hat das BAG insoweit aufgegeben.
Sind hingegen materielle Fragen der Vertragsgestaltung zwischen Verleiherbetrieb und zu entleihendem Arbeitnehmer berührt (etwa die Entgeltgestaltung im Verleiherbetrieb oder die Überschreitung der arbeitsvertraglich vereinbarten Stundenzahl durch eine höhere regelmäßige Wochenstundenzahl im Betrieb des Entleihers), bleibt hierfür in der Regel allein der Betriebsrat des Verleihers zuständig. Ein allgemeines – anlassunabhängiges – Zutrittsrecht des Betriebsrats des Verleiherbetriebs wird von der Rechtsprechung jedoch abgelehnt.
Rz. 118
Hinweis
Möchte der Entleiher auch gegenüber den in seinem Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmern Überstunden anordnen, hat hierüber der Betriebsrat des Einsatzbetriebs mitzubestimmen. Dies gilt auch für eine kurzzeitige Tätigkeit von Leiharbeitnehmern im Einsatzbetrieb.
Rz. 119
Ebenfalls dem persönlichen Geltungsbereich des § 87 BetrVG zuzuordnen ist die Frage, ob und inwieweit sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten auf Arbeitnehmer inländischer Betriebe erstreckt, die sich zu Tätigkeiten im Ausland aufhalten (etwa auf Montage oder als Entsandte). Für ihre Beantwortung kommt es auf die Beurteilung des konkreten Einzelfalles an, wobei Umfang und Inhalt der Weisungsbefugnis des inländischen Arbeitgebers gegenüber dem im Ausland eingesetzten Mitarbeiter sowie eine fortgesetzte Zugehörigkeit zur inländischen betrieblichen Arbeitsorganisation eine maßgebliche Rolle spielen; gleiches gilt für den konkreten Regelungsgegenstand. Das BetrVG gilt auch für die im Ausland tätigen Arbeitnehmer, sofern sich deren zeitlich beschränkte Auslandstätigkeit als "Ausstrahlung" des Inlandsbetriebes darstellt, m.a.W. trotz des Auslandseinsatzes eine hinreichend konkrete materielle Beziehung zum Inlandsbetrieb besteht. Somit kann das Mitbestimmungsrecht auch auf Arbeitnehmer anzuwenden sein, die im Ausland in eine betriebliche Organisation eingegliedert tätig sind und gleichwohl weiterhin als Arbeitnehmer des inländischen Betriebes gelten. Dies kann weitreichende Folgen haben, da dann auch die weiteren Beteiligungsrechte greifen, eine Berücksichtigung bei den Schwellenwerten erfolgt, ein Teilnahmerecht an Betriebsversammlungen besteht etc.
Hingegen fehlt es in der Regel dann an der hinreichend konkreten materiellen Beziehung zum Inlandsbetrieb, wenn der Arbeitnehmer nur für einen Auslandseinsatz von einem inländischen Betrieb eingestellt wird, selbst wenn man ihn dort kurzzeitig auf den Auslandseinsatz vorbereitet. Letztlich kommt es auch hier maßgeblich darauf an, ob der Arbeitnehme...