Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 115
Die Mitbestimmung nach § 87 BetrVG gilt für alle Arbeitnehmer i.S.d. § 5 Abs. 1 BetrVG. Sie erstreckt sich somit insbesondere auch auf alle außertariflichen Angestellten (sog. AT- bzw. ÜT-Angestellte), sofern es sich nicht um leitende Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG handelt, da diese nicht vom Betriebsrat vertreten werden. Auch eine Vertretungsberechtigung für bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer fehlt.
Rz. 116
Grundsätzlich entfällt damit auch die Regelungskompetenz des Betriebsrats für Betriebsrentner. Die Rechtsprechung hat aber ausdrücklich offengelassen, ob dies so auch für Fragen der betrieblichen Altersversorgung uneingeschränkt gilt. Notwendige Anpassungen der Versorgungszusage werden in der Rechtsprechung damit gerechtfertigt, dass der (inzwischen beendete) Arbeitsvertrag eine dynamische Verweisung auf die jeweils geltende Betriebsvereinbarung enthält, sodass auch die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeschlossene Betriebsvereinbarung Geltung erlangt.
Rz. 117
Leiharbeitnehmer gelten betriebsverfassungsrechtlich nur eingeschränkt als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs, da sie auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei dem Entleiher Angehörige des Verleiherbetriebs bleiben. Dies gilt unabhängig davon, dass gemäß § 7 S. 2 BetrVG die Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Entleiherbetrieb eingesetzt werden, den dortigen Betriebsrat mitwählen und zukünftig bei den für die Mitbestimmung geltenden Schwellenwerten auch beim Entleiher zu berücksichtigen sind, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht. Gleichwohl erstrecken sich die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats des Entleiherbetriebs nach § 87 Abs. 1 BetrVG jedenfalls immer dann auch auf Leiharbeitnehmer, wenn der Normzweck und das dem Entleiher zustehende Weisungsrecht dessen betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung zu dem Entleiherbetrieb erforderlich machen. In diesen Fällen ist dann der Betriebsrat des Entleiherbetriebs zuständig. Andernfalls würde der kollektive Schutz durch eine Interessenvertretung für die Zeit des Einsatzes im Entleiherbetrieb unterbleiben. Daher wird dem Betriebsrat des Entleihbetriebs zur Sicherung ausreichender Entscheidungsgrundlage auch ein Informationsanspruch gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG zugestanden über den Einsatz von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Die sog. Zwei-Komponenten-Lehre, wonach sowohl ein Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Betriebs als auch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Betriebs bestehen müssen, hat das BAG insoweit aufgegeben.
Sind hingegen materielle Fragen der Vertragsgestaltung zwischen Verleiherbetrieb und zu entleihendem Arbeitnehmer berührt (etwa die Entgeltgestaltung im Verleiherbetrieb oder die Überschreitung der arbeitsvertraglich vereinbarten Stundenzahl durch eine höhere regelmäßige Wochenstundenzahl im Betrieb des Entleihers), bleibt hierfür in der Regel allein der Betriebsrat des Verleihers zuständig. Ein allgemeines – anlassunabhängiges – Zutrittsrecht des Betriebsrats des Verleiherbetriebs wird von der Rechtsprechung abgelehnt.
Rz. 118
Hinweis
Möchte der Entleiher auch gegenüber den in seinem Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmern Überstunden anordnen, hat hierüber der Betriebsrat des Einsatzbetriebs mitzubestimmen. Dies gilt auch für eine kurzzeitige Tätigkeit von Leiharbeitnehmern im Einsatzbetrieb.
Rz. 119
Ebenfalls dem persönlichen Geltungsbereich des § 87 BetrVG zuzuordnen ist die Frage, ob und inwieweit sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten auf Arbeitnehmer inländischer Betriebe erstreckt, die sich zu Tätigkeiten im Ausland aufhalten (etwa auf Montage oder als Entsandte). Für die Beantwortung kommt es auf die Beurteilung des konkreten Einzelfalls an, wobei Umfang und Inhalt der Weisungsbefugnis des inländischen Arbeitgebers gegenüber dem im Ausland eingesetzten Mitarbeiter sowie eine fortgesetzte Zugehörigkeit zur inländischen betrieblichen Arbeitsorganisation eine maßgebliche Rolle spielen; gleiches gilt für den konkreten Regelungsgegenstand der Mitbestimmung. Das BetrVG gilt für die im Ausland tätigen Arbeitnehmer, sofern sich deren zeitlich beschränkte Auslandstätigkeit als "Ausstrahlung" des Inlandsbetriebes darstellt, m.a.W. trotz des Auslandseinsatzes muss eine hinreichend konkrete materielle Beziehung zum Inlandsbetrieb bestehen. Somit kann das Mitbestimmungsrecht auch auf Arbeitnehmer anzuwenden sein, die im Ausland in eine betriebliche Organisation eingegliedert tätig sind, aber gleichwohl weiterhin als Arbeitnehmer des inländischen Betriebes gelten. Dies kann weitreichende Folgen haben, da dann auch die weiteren Beteiligungsrechte greifen, eine Berücksichtigung bei den Schwellenwerten erfolgt, ein Teilnahmerecht an Betriebsversammlungen besteht, etc.
Hingegen fehlt es in der Regel dann an der hinreichend konkreten materiellen Bezi...