Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 1048
Infolge des Betriebs(teil)übergangs gehen die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer über, die der konkreten wirtschaftlichen Einheit zuzuordnen sind. Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie 2001/23 ist jede Person ist, die in dem betreffenden Mitgliedstaat aufgrund des einzelstaatlichen Arbeitsrechts geschützt ist, da Art. 2 1 d) der RL auf den jeweiligen nationalen Arbeitnehmerbegriff verweist. Daher gehen Geschäftsführerdienstverträge nicht nach § 613a BGB über, etwas anderes gilt jedoch, wenn Geschäftsführer aufgrund eines Arbeitsvertrags beschäftigt werden.
Für die Zuordnung der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang ist im Rahmen einer Gesamtschau primär auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien abzustellen, hilfsweise auf objektive Kriterien. Ist ein Arbeitnehmer in verschiedenen Bereichen tätig, ist in erster Linie der zeitliche Aufwand und Arbeitseinsatz maßgeblich. Der Arbeitnehmer muss in den Betriebsteil eingegliedert sein; es reicht nicht aus, wenn er nur Tätigkeiten für diesen verrichtet hat. Offen ist, ob es für die Wirksamkeit der Zuordnung auf die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Maßnahme (z.B. Versetzung) ankommt. Jedenfalls erfolgt die Zuordnung nicht nach den Grundsätzen der Sozialauswahl. Zu beachten ist das Judikat des EuGH in der Sache ISS Facility Services. Existieren mehrere Erwerber, nimmt der EuGH an, das Arbeitsverhältnis gehe auf jeden der Erwerber anteilig entsprechend der vom betreffenden Arbeitnehmer wahrgenommenen Aufgaben über, sofern eine solche Aufspaltung des Arbeitsvertrags möglich ist und weder zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führt noch die durch die Richtlinie gewährleisteten Ansprüche berührt. Anderenfalls soll eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen.
Praxistipp
Grundsätzlich obliegt dem Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts, § 106 GewO, die Untergliederung des Betriebs in Betriebsteile und die Zuordnung von Arbeitnehmern zu einzelnen Betriebsteilen. Sofern keine abweichenden Vereinbarungen im Arbeitsvertrag getroffen sind, darf der Arbeitgeber durch eine entsprechende Gestaltung beeinflussen, welche Arbeitnehmer bei einem späteren § 613a BGB übergehen. Eine solche Gestaltung sollte in möglichst großem zeitlichen Abstand und inhaltlich unabhängig von einem konkret geplanten Betriebsübergang vorgenommen werden, da sonst das Risiko einer unwirksamen Zuordnung besteht. Durch einen Interessenausgleich darf eine Zuordnung zu einem Betriebsteil nicht erfolgen – Verstoß gegen § 613a BGB. Zudem muss die Zuordnung – insbesondere bei einer Spaltung – zu einer übertragungsfähigen wirtschaftlichen Einheit erfolgen. Anderenfalls ist die Zuordnung im Interessenausgleich (trotz des ggf. § 35a Abs. 1 UmwG nach gelockerten Prüfungsmaßstabs) unwirksam.
Gewähren Dritte (z.B. Konzernobergesellschaften) Leistungen, wie Aktienoptionen, virtuelle Beteiligungen etc., ist jeweils im Einzelfall zu klären, ob und in welchem Umfang Rechte und Pflichten hieraus Teil des (übergehenden) Arbeitsverhältnisses sind.