Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 17
§ 2 trifft eine Regelung zu einem Betriebsausschuss. In Betriebsräten ab neun Mitgliedern gehört die Bildung eines Betriebsausschusses gem. § 27 BetrVG zu den Pflichtaufgaben des Betriebsrats. Seine originäre Aufgabe ist die Führung der laufenden Geschäfte. Um in der Praxis Kompetenzkonflikte zwischen Betriebsausschuss und Betriebsrat zu vermeiden, sollte die GO den Kreis der laufenden Geschäfte konkretisieren. Zu den laufenden Geschäften zählen unstreitig jedenfalls die internen verwaltungsmäßigen und organisatorischen Aufgaben des Betriebsrats. Welche Aufgaben anfallen, hängt stark vom jeweiligen Betrieb und der Größe eines Betriebsrats ab und sollte deshalb in der GO durch eine beispielhafte Aufstellung der für den jeweiligen Betriebsrat typischen laufenden Geschäfte veranschaulicht werden. Die Ausübung von Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats gehört hingegen nach zutreffender h.M. nicht zu den laufenden Geschäften. Möchte der Betriebsrat Routineaufgaben aus diesem Bereich, z.B. das Zustimmungsrecht gem. § 103 BetrVG, an den Betriebsausschuss delegieren, besteht aber die Möglichkeit der Aufgabenübertragung nach § 27 Abs. 2 S. 2–4 BetrVG. Eine Grenze der Delegationsmöglichkeit ergibt sich aus § 27 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BetrVG, wonach der Abschluss von Betriebsvereinbarungen nicht dem Betriebsausschuss übertragen werden kann. Dem Betriebsrat muss ferner ein Kernbereich seiner gesetzlichen Befugnisse verbleiben. Dieser Kernbereich ist nicht tangiert, wenn einem Ausschuss alle mitbestimmungsrelevanten Personalmaßnahmen der §§ 99–103 BetrVG übertragen werden. Nicht übertragungsfähig sind die organisatorischen Entscheidungen des Betriebsrats, z.B. die Wahl seines Vorsitzenden und alle Grundlagenentscheidungen für die das BetrVG für den Beschluss des Betriebsrats die Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder erfordert. Auch die Aufgabenübertragung selbst bedarf einer qualifizierten Mehrheit und gemäß § 27 Abs. 2 S. 3 BetrVG der Schriftform. Da für die Geschäftsordnung dieselben Anforderungen gelten (§ 36 BetrVG), kann die Aufgabenübertragung an den Betriebsausschuss bereits in der GO geregelt werden. In der gleichen Form kann die Aufgabenübertragung gem. § 27 Abs. 2 S. 4 BetrVG durch Widerruf rückgängig gemacht werden. Gemäß § 34 Abs. 3 BetrVG haben die Mitglieder des Betriebsrats das Recht, die Unterlagen des Betriebsausschusses jederzeit einzusehen. § 2 Abs. 3 der GO stellt durch eine Pflicht zur unaufgeforderten Übermittlung einer Kopie der Sitzungsniederschrift des Betriebsausschusses den Informationsfluss zwischen den Organen sicher.
Gem. § 30 Abs. 1 S. 5 BetrVG finden Sitzungen des Betriebsrats grundsätzlich als Präsenzsitzungen statt. § 30 Abs. 2 BetrVG regelt sodann die Möglichkeiten und Grenzen von Betriebsratssitzungen per Video- oder Telefonkonferenz. Damit Video- und Telefonkonferenzen genutzt werden können, muss der Betriebsrat dies zunächst unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung in seiner Geschäftsordnung zulassen und die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme festlegen. Zudem darf nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer von dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widersprechen und es muss sichergestellt sein, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Der Vorrang der Präsenzsitzung kann z.B. gesichert werden durch eine Begrenzung der Anzahl von Sitzungen, die ganz oder teilweise als Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden, oder eine Beschränkung auf bestimmte Sachverhalte, die eine besonders schnelle Beschlussfassung erforderlich machen.
Hinweis
Das LAG Baden-Württemberg sieht die Bildung sog. "Koordinationsausschüsse", die im Rahmen einer weitreichenden inhaltlichen Zuständigkeit für die Betreuung der Arbeitnehmer in räumlich abgegrenzten Teilen eines Betriebes zuständig sind, als zulässig an, wenn für deren Bildung die Grundsätze der Verhältniswahl eingehalten werden.