Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
(1) Allgemeines
Rz. 353
Betriebliche Telefonanlagen und zugehörige Softwareprogramme gehören in den meisten Berufsfeldern zur selbstverständlichen Grundausstattung des Arbeitnehmers. Ebenso verhält es sich oftmals mit der Zurverfügungstellung von Mobiltelefonen – vor allem im Dienstleistungssektor. Als integraler Bestandteil der Arbeitswelt 4.0 ermöglicht das Mobiltelefon sowie digitale Telefonsoftware dem Arbeitnehmer, zu jeder Zeit ortsungebunden wichtige Arbeitsschritte außerhalb des Bürogebäudes vorzunehmen. Es gehört dabei zum Selbstverständnis vieler Arbeitgeber, dass dem Arbeitnehmer auch die private Nutzung ermöglicht und gestattet wird.
Was in der modernen Arbeitswelt zur Selbstverständlichkeit geworden ist, stellt sich aus Sicht des Arbeitgebers nach wie vor als risikobehaftet dar. Trotz weit verbreiteter Flatrates birgt die Privatnutzung eines Mobiltelefons ein unkalkulierbares Kostenrisiko bis hin zum Arbeitszeitbetrug, wenn die Mitarbeiter während der Arbeitszeit unerlaubt oder übermäßig privat telefonieren.
Rz. 354
Für den Arbeitgeber stellt sich zudem das Problem, dass er vielleicht gerne die Privatnutzung in einem gewissen Rahmen gestatten möchte, jedoch Sorge vor den rechtlichen Folgen hat. Gestattet der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die Privatnutzung der von ihm zur Verfügung gestellten Telekommunikationsmöglichkeiten, so wird er zumindest nach Ansicht der Aufsichtsbehörden zum Telekommunikationsdienstanbieter (s. auch Rdn 355) und unterfällt dem Fernmeldegeheimnis nach § 3 TDDDG (früher § 88 TKG). Zwar wird diese Einordnung von Literatur und Gerichten überwiegend abgelehnt, bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung zur neuen Rechtslage unter dem TDDDG sollte die Regelung aber berücksichtigt werden. Weitere rechtliche Hürden ergeben sich aus den Vorschriften des Beschäftigungsdatenschutzes sowie durch das Betriebsverfassungsrecht. Die Einführung solcher zur Überwachung geeigneten Anwendungen im Unternehmen unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats. Hieraus erwächst das Bedürfnis nach validen betrieblichen Regelungen für technische Einrichtungen.
(2) Inhaltliche Kontrolle
Rz. 355
Die Kontrollmöglichkeiten eines Arbeitgebers umfassen die Kontrolle der Telefondaten einerseits sowie die (Gesprächs-)Inhaltskontrolle.
Inhaltskontrolle bedeutet, dass der Arbeitgeber Kenntnis vom konkreten Gesprächsinhalt der Arbeitnehmer erlangt. Diese Kontrolle kann zum einen durch Mithören in Echtzeit erfolgen. Zum anderen ist an das Aufzeichnen und Speichern von Gesprächsinhalten, darauf aufbauend etwa die Erstellung von Verwendungsberichten, Nutzungsanalysen oder Ereignisprotokollen zu denken. Der zentrale Administrator z.B. ist in der Lage, bei allen Nutzern in den einzelnen Betrieben nachzuverfolgen, zu welchen Zeiten sie wie lange in Gesprächen sind oder waren. Er hat zudem meist die Möglichkeit, auf sämtliche Benutzerdaten aus den Anwendungen zuzugreifen. Inhaltliche Kontrollen begründen immer einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG – insbesondere in Gestalt des Rechts am eigenen Wort. Durch das Recht am eigenen Wort darf der Arbeitnehmer grundsätzlich selbst bestimmen, wem ein Kommunikationsinhalt bekannt werden soll. Auf dieses Recht kann sich der Arbeitnehmer sowohl bei Dienst- als auch bei Privatgesprächen berufen. Daneben ergeben sich nicht selten Eingriffe in das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK. Der Begriff des Privatlebens ist weit auszulegen:
Einen rechtlichen Rahmen erhalten die erlaubten Privatgespräche insbesondere durch die datenschutzrechtlichen Vorschriften der DS-GVO, des BDSG sowie des TDDDG. Aus materiellrechtlicher Sicht hat sich dabei mit Einführung der DS-GVO im Mai 2018 nichts geändert. Eine Datenverarbeitung ist weiterhin erst zulässig, wenn sie sich entweder auf eine Einwilligung des Betroffenen oder auf einen normativen Erlaubnistatbestand stützt (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Gemäß Art. 1 Abs. 2 DS-GVO schließt der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten alle Grundrechte und Grundfreiheiten ein. Dazu gehört neben dem Schutz personenbezogener Daten aus Art. 8 GRCh das Recht der Betroffenen auf seelische und körperliche Unversehrtheit bei der Datenverarbeitung (Art. 3 GRCh), deren Recht auf Nichtdiskriminierung (Art. 21 GRCh) sowie der Anspruch Beschäftigter auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen (Art. 31 GRCh). Die Verordnung enthält jedoch keine separaten Regelungen zum Mitarbeiterdatenschutz. Stattdessen sieht Art. 88 DS-GVO eine sog. "Öffnungsklausel" vor. Hiernach dürfen die Mitgliedsstaaten den Bereich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten eigenständig regeln und zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten spezifische Vorschriften erlassen.
Der bundesdeutsche Arbeitgeber hat hiervon ausgehend das BDSG überarbeitet und § 26 BDSG als maßgebliche Norm für den Beschäftigungsdatenschutz eingeführt. Inhaltlich gleicht dieser weitgehend ...