Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
(1) Beginn/Rückwirkung
Rz. 121
Die Regelungen von Betriebsvereinbarungen gelten grds. – soweit nichts Abweichendes vereinbart wird – unmittelbar und zwingend ab dem Zeitpunkt ihres Abschlusses bis zur Beendigung der Betriebsvereinbarung bzw. dem Ende der Nachwirkung (siehe hierzu Rdn 132 f.).
Rz. 122
Hinweis
Das Ende der Amtszeit des Betriebsrats hat keinen Einfluss auf die Geltung der Betriebsvereinbarungen (siehe hierzu Rdn 138).
Rz. 123
Da die Betriebspartner den zeitlichen Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung bestimmen, sind sie grds. auch befugt, ihre Regelungen erst zu einem Zeitpunkt in der Zukunft Geltung zu verschaffen. Ebenso können sie ihren Regelungen rückwirkende Kraft beilegen, d.h. ihr Inkrafttreten für einen Zeitpunkt vor ihrem Abschluss zu vereinbaren. Diese Rückwirkung gilt jedoch nicht schrankenlos, sondern kann nur Arbeitnehmer erfassen, die noch unter die personelle Reichweite der Betriebsautonomie fallen. Materiell kommt eine Rückwirkung nur in Betracht, wenn sie sich auf Rechte und Pflichten bezieht, die bei Abschluss der Betriebsvereinbarung noch erfüllt werden können (also keine "echte Rückwirkung"). Deshalb können etwa sämtliche Normen, die sich mit der betrieblichen Ordnung und dem betrieblichen Verhalten der Arbeitnehmer befassen, nur mit Rechtswirkung für die Zukunft festgelegt werden. Soweit eine Rückwirkung möglich ist, müssen die Betriebspartner die Schranken beachten, die sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes ergeben, wie sie in ähnlichem Umfang auch den staatlichen Gesetzgeber binden. Damit scheidet grundsätzlich das Reduzieren und Entfallen bereits entstandener Ansprüche aus.
(2) Beendigung durch Befristung/Bedingungseintritt/Zweckerreichung
Rz. 124
Die Betriebsparteien können Betriebsvereinbarungen für einen im Voraus bestimmten Zeitraum abschließen. Die Beendigung der Betriebsvereinbarung tritt bei solchen befristeten Betriebsvereinbarungen mit Ablauf der Zeit ein, für die sie abgeschlossen wurden. Es bedarf keines sachlichen Grundes für die Befristung.
Ebenso ist die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung zulässig. Eine Bedingung ist eine Bestimmung, welche die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem künftigen, ungewissen Ereignis abhängig macht. Mit Eintritt dieses Ereignisses endet die Wirkung der Betriebsvereinbarung (§ 158 Abs. 2 BGB).
Rz. 125
Praxistipp
Fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung zur Bedingung oder Befristung, kann sich eine solche auch aus dem Zweck der Betriebsvereinbarung ergeben. So ist eine Betriebsvereinbarung, die als Ergänzung zu einem Tarifvertrag abgeschlossen wird, grds. in ihrer Laufzeit auf die Dauer des Tarifvertrags bzw. dessen Nachwirkungszeitraum beschränkt. Zur Vermeidung von späteren Auseinandersetzungen empfiehlt es sich jedoch, von vornherein eine eindeutige Regelung zu treffen.
(3) Beendigung durch ordentliche/außerordentliche Kündigung, Teilkündigung, Insolvenzanpassung
Rz. 126
Nach § 77 Abs. 5 BetrVG ist eine Betriebsvereinbarung grds. mit einer Frist von drei Monaten kündbar. Den Betriebsvertragsparteien steht es frei, eine kürzere oder längere Kündigungsfrist zu vereinbaren. Die Kündigung bedarf keines Grundes. Allerdings können die Parteien vereinbaren, dass die (ordentliche) Kündigung nur aus bestimmten Gründen erfolgen kann.
Rz. 127
Praxistipp
Auch Betriebsvereinbarungen über die betriebliche Altersversorgung sind frei kündbar. Allerdings begrenzt das BAG die Folgen der Kündigung, indem es diese einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Vertrauensschutz orientierten gerichtlichen Kontrolle unterwirft. Das BAG greift auf das für die Ablösung von Betriebsvereinbarungen entwickelte Prüfungsschema zurück. Als Faustregel gilt: Je mehr die Folgen der Kündigung in Besitzstände und Anwartschaften der Arbeitnehmer eingreifen, desto höher sind die Anforderungen an die Eingriffsgründe. Diesen Grundsatz hat das BAG durch ein dreistufiges Prüfungsschema konkretisiert (3-Stufen-Theorie), welches danach unterscheidet, ob in den bereits erdienten Besitzstand (...