Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 137
Die Betriebsstilllegung führt grds. dazu, dass Betriebsvereinbarungen, die das aktive Arbeitsverhältnis betreffen, durch Zweckerreichung enden. Etwas anderes gilt für solche Vereinbarungen, die auch oder gerade für den Fall der Stilllegung Wirkung zeigen sollen – hierzu gehört v.a. der Sozialplan, der anlässlich der Betriebsstilllegung geschlossen wird. Auch Betriebsvereinbarungen zur betrieblichen Altersversorgung entfalten weiterhin Wirkung.
Rz. 138
Hinweis
Das Ende der Amtszeit des Betriebsrats hat keinen Einfluss auf die Geltung der Betriebsvereinbarungen. Gleiches gilt, wenn der Betrieb vorübergehend oder endgültig betriebsratlos wird. In diesem Fall ist Adressat einer etwaigen Kündigung einer bestehenden Betriebsvereinbarung die Belegschaft des Betriebs, d.h. die Kündigung hat gegenüber allen Arbeitnehmern zu erfolgen. Wie auch für die individualvertragliche Kündigung sollte der Arbeitgeber sicherstellen, dass er den Zugang der Kündigung bei jedem Arbeitnehmer des Betriebs nachweisen kann.
Rz. 139
Der Wechsel des Betriebsinhabers als solcher hat grds. keinen Einfluss auf den Bestand und die Rechtswirkungen der Betriebsvereinbarungen. Veränderungen im Betrieb führen dann nicht zur Beendigung von Betriebsvereinbarungen, solange die organisatorische Einheit als solche bestehen bleibt. Kommt es beim Wechsel des Betriebs- oder Betriebsteilinhabers auch zu einer Änderung der Betriebsorganisation, ergibt sich das Schicksal von Betriebsvereinbarung und Regelungsabrede aus der den Betriebsübergang regelnden gesetzlichen Vorschrift des § 613a BGB. Folgende grobe Übersicht bietet einen Anhaltspunkt:
Rz. 140
|
Geltung beim Erwerber |
|
Betriebsvereinbarungen des Veräußerers |
Gesamtbetriebsvereinbarungen des Veräußerers |
Übergehender Betrieb bzw. Betriebsteil wird beim Erwerber als eigenständiger Betrieb fortgeführt |
Fortgeltung als Betriebsvereinbarung, soweit nicht eine Ablösung beim Erwerber durch Gesamtbetriebsvereinbarung des Erwerbers zum selben Regelungsgegenstand (kraft originärer Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Regelungsgegenstand) erfolgt |
Fortgeltung als (lokale) Betriebsvereinbarung, soweit nicht beim Erwerber eine Ablösung durch Gesamtbetriebsvereinbarung zum selben Regelungsgegenstand (kraft originärer Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats) erfolgt |
Übergehende Betriebe werden beim Erwerber als Betriebe weiter geführt |
Fortgeltung als Betriebsvereinbarung, soweit nicht eine Ablösung beim Erwerber durch Gesamtbetriebsvereinbarung zum selben Regelungsgegenstand (kraft originärer Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats) erfolgt |
Fortgeltung als Gesamtbetriebsvereinbarung für die übergehenden Betriebe |
Übergehender Betrieb bzw. Betriebsteil wird beim Erwerber in einen vorhandenen Betrieb eingegliedert |
Transformation zum Bestandteil des Arbeitsverhältnisses mit kollektiver Wirkung/Ablösung durch Betriebs- oder Gesamtbetriebsvereinbarungen des Erwerbers zum selben Regelungsgegenstand |
Transformation zum Bestandteil des Arbeitsverhältnisses mit kollektiver Wirkung/Ablösung durch Betriebs- oder Gesamtbetriebsvereinbarungen des Erwerbers zum selben Regelungsgegenstand. |
Übergehender Betrieb bzw. Betriebsteil wird beim Erwerber mit einem vorhandenen Betrieb zu einem vollständig neuen Betrieb zusammengeschlossen |
Str. z.T.: Fortgeltung jeweils als Betriebsvereinbarung für die jeweils übergehenden Arbeitnehmer besser: Transformation zum Bestandteil des Arbeitsverhältnisses mit kollektiver Wirkung |
Wie Betriebsvereinbarung |
Rz. 141
Hingegen fehlt es an einer gesetzlichen Regelung bei unternehmensinternen Umstrukturierungen, die den Verlust der Betriebsidentität zur Folge haben. Aber auch eine unternehmensinterne Umstrukturierung ohne Betriebs-(teil-)inhaberwechsel kann zu einer Änderung der Betriebsorganisation führen und damit Auswirkung auf die Betriebsvereinbarungen haben. Auch hier sind die Regelungen des § 613a BGB analog anzuwenden:
Rz. 142
Bei der Betriebsspaltung bzw. Ausgliederung von Betriebsteilen ist im Hinblick auf die Auswirkungen auf Betriebsvereinbarungen des Ursprungsbetriebs maßgeblich, ob der abgespaltene Betrieb bzw. Betriebsteil seine Identität wahrt und im Anschluss als eigenständiger Betrieb fortgeführt wird. Ist dies der Fall, gelten die Betriebsvereinbarungen dort kollektivrechtlich als Betriebsvereinbarungen weiter.
Rz. 143
Erfolgt eine Eingliederung des abgespaltenen oder ausgegliederten Betriebs(teils), führt dies für den eingegliederten Betriebsteil zur Ablösung der bisherigen Betriebsvereinbarungen durch die Betriebsvereinbarungen des aufnehmenden Betriebs, soweit diese denselben Regelungsgegenstand betreffen. Die Betriebsvereinbarungen des eingegliederten Betriebs verlieren also – unabhängig von einer etwaigen Günstigkeit – ihre Wirkung, es sei denn, diese sind gerade darauf angelegt, die Spaltung des Betriebes zu überdauern, wie z.B. ein Sozialplan. Fehlt es beim aufnehmenden Betrieb an entsprechenden Betriebsvereinbar...