Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 389
Ist die Telefonüberwachung seitens des Arbeitgebers unzulässig, kann dies weitreichende zivilrechtliche und strafrechtliche Folgen haben. Zunächst hat der Arbeitnehmer einen vertraglichen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB analog gegen den Arbeitgeber, nicht rechtswidrig in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt zu werden. Solange die Verletzung andauert, steht dem Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zu, wodurch der Arbeitgeber in Annahmeverzug kommt (§§ 611, 615 BGB). Der Arbeitnehmer behält in diesem Fall seinen Anspruch auf den Arbeitslohn.
Rz. 390
Darüber hinaus kann dem Arbeitnehmer bei einer schweren Verletzung der zulässigen Kontrollgrenzen und damit verbundenen Persönlichkeitsrechtsverletzungen ein Schadensersatz- und ggf. Schmerzensgeldanspruch zustehen. Ein Schadensersatzanspruch kann sich zum einen aus Art. 82 DS-GVO, zum anderen aus § 823 Abs. 1, 2 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) oder mit einem Schutzgesetz (z.B. § 201 StGB) ergeben. Auch ist an §§ 280, 281, 241 Abs. 2 BGB (Schadensersatz wegen Nebenpflichtverletzung) zu denken. Voraussetzung ist jedoch immer ein nachweisbarer materieller Schaden, an dem es zumeist fehlen wird. Für den Zuspruch von Schmerzensgeld muss eine so schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegen, dass Genugtuung nicht anders zu erreichen ist. Die Rechtsprechung ist äußerst zurückhaltend bei der Zuerkennung von Schmerzensgeld; die zugesprochenen Maximalsummen sind weit entfernt von den "punitive damages" des amerikanischen Rechts. Ferner können in Ausnahmefällen bei schwerer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch eine außerordentliche Kündigung und ein entsprechender Schadensersatz in Betracht kommen (§§ 628, 626 Abs. 2 BGB).
Rz. 391
Dagegen besteht in aller Regel kein Beweisverwertungsverbot, wenn ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht bzw. das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers vorliegt. Die rechtswidrige Datenverarbeitung des Arbeitgebers (im konkreten Fall eine teils unzulässige offene Videoüberwachung) führe grundsätzlich nicht zu einem Sachvortrags- bzw. Beweisverwertungsverbot. Denn ein ausdrückliches Beweisverwertungsverbot gibt es im deutschen Arbeitsrecht nicht. In Einzelfällen kann die rechtswidrige Beweiserhebung aber zum Verbot einer Verwertung im Prozess führen. Erforderlich ist immer eine Abwägung zwischen den jeweils betroffenen Rechtsgütern. Es wird jedoch nicht immer bei einer rechtswidrigen Beweiserlangung zu einem überwiegenden Interesse des Arbeitgebers an der Beweisverwertung kommen. Schließlich besteht die Gefahr, dass unzulässige Kontrollmaßnahmen auch strafrechtlich relevant sind. In Betracht kommen § 206 StGB (Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis) sowie § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes).