Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 187
Der Betriebsrat entscheidet nach freiem Ermessen, ob er einer Maßnahme zustimmt oder nicht. Er ist aus § 2 Abs. 1 BetrVG zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber verpflichtet, die es ihm verwehrt, seine Zustimmung von Zugeständnissen des Arbeitgebers abhängig zu machen, die er aufgrund seiner Mitbestimmung nicht erwirken kann. Eine unzulässige Rechtsausübung (Rechtsmissbrauch) kann vorliegen, wenn der Betriebsrat sich aus Gründen, die offensichtlich keinerlei Bezug zu der beabsichtigten mitbestimmungspflichtigen Maßnahme aufweisen, einer Einigung widersetzt und die Einleitung und Durchführung des Einigungsstellenverfahrens zu verzögern bzw. zu vereiteln versucht. Ein Rechtsmissbrauch kann auch dann vorliegen, wenn sich der Betriebsrat auf eine formale Rechtsposition beruft, die er erst durch eigenes, in erheblichem Maße betriebsverfassungswidriges Verhalten erlangt hat. Ein solches kann vorliegen, wenn sich der Betriebsrat nachhaltig weigert, in Verhandlungen (im konkreten Fall zu Dienstplänen in einem Krankenhaus) einzutreten und sich auch dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Konfliktlösungsmechanismus über die Einigungsstelle beharrlich entzieht und so deren unverzügliches Tätigwerden verhindert.
Rz. 188
Allerdings kommt auch in solch gravierenden Fällen nach überwiegender Ansicht ein Verlust des Mitbestimmungsrechts nicht in Betracht, da dieses zum Schutz der Belegschaft und nicht des Betriebsrates eingeräumt ist. Die Anrufung der Einigungsstelle ist nach der Rechtsprechung auch in solch außergewöhnlichen Fällen stets erforderlich. Als weitere Handlungsmöglichkeit bleibe der Weg gem. § 23 Abs. 1 BetrVG.
Rz. 189
Das BAG hat darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch des Betriebsrates im Rahmen des § 87 BetrVG dann unbeachtlich sein kann, wenn er etwas durchsetzen will, worauf kein Mitbestimmungsrecht besteht. Methodisch lässt sich dies damit begründen, dass der Betriebsrat, der erkennen lässt, dass seine Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme nur vom Nachgeben des Arbeitgebers in einem anderen (nicht mitbestimmungspflichtigen) Punkt abhängt, zugleich geltend macht, gegen die Maßnahme an sich keine Einwände zu haben. Das Kopplungsangebot des Betriebsrats ist demnach nichts anderes als eine, wenn auch aufschiebend bedingte, Zustimmung. Die Bedingung ist, soweit von dem Mitbestimmungstatbestand nicht gedeckt, unerheblich, die Zustimmung als erteilt zu behandeln und der Arbeitgeber somit berechtigt, die beabsichtigte Maßnahme umzusetzen. Es ist insbesondere rechtsmissbräuchlich, wenn der Betriebsrat die Zustimmung zur beantragten Mehrarbeit von der Zahlung zusätzlicher Leistungen abhängig macht oder für die Einführung von Schichtarbeit weitere Zuschläge oder gar den Ausschluss einer ordentlichen Kündigung verlangt.