Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 1014
Möglich ist sowohl der Abschluss eines Sozialplans im Hinblick auf eine bestimmte Betriebsänderung als auch der Abschluss eines Rahmensozialplans für mögliche, aber noch nicht geplante Betriebsänderungen.
Rz. 1015
Ein Sozialplan muss nicht zwingend eine Abfindung für die Arbeitnehmer vorsehen. Abfindungen sind lediglich dann erforderlich, wenn Entlassungen drohen und keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Bei einer Betriebsverlegung an einen 15 km entfernter Ort ist es daher bspw. denkbar, lediglich Regelungen zum Ausgleich erhöhter Anfahrtskosten der Arbeitnehmer oder Möglichkeiten mobilen Arbeitens zu vereinbaren. Hat der Arbeitgeber daher ein großes Interesse am Fortbestand der Arbeitsverhältnisse, sollte die Vereinbarung von Abfindungen für den Fall einer Ablehnung der Weiterbeschäftigung gut überlegt werden.
Rz. 1016
Die Zahlung einer Abfindung darf im Sozialplan auch nach Einführung des § 1a KSchG nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt. Die Betriebsparteien sind allerdings nicht gehindert, bei einer Betriebsänderung im Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Planungssicherheit zusätzlich zu einem Sozialplan in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung Leistungen für den Fall vorzusehen, dass der Arbeitnehmer von der Möglichkeit zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch macht, sog. Turboprämie. Dabei darf auch in solch einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nicht das Verbot umgangen werden, Sozialplanabfindungen von einem Klagverzicht abhängig zu machen. Seine frühere Rechtsprechung, wonach eine Umgehung auch vorliegen kann, wenn dem "an sich" für den Sozialplan zur Verfügung stehenden Finanzvolumen zum Nachteil der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer Mittel entzogen und funktionswidrig im Bereinigungsinteresse des Arbeitgebers eingesetzt wurden, hat der Erste Senat aufgegeben.
Rz. 1017
Von besonderer Bedeutung ist der sog. Transfersozialplan. Das SGB III sieht i.R.d. "aktiven Arbeitsförderung" gem. § 3 Abs. 4 SGB III diverse Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit vor. Nach § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2a BetrVG soll die Einigungsstelle diese Förderungsmöglichkeiten beachten. § 110 SGB III regelt Leistungen zur Förderung der Teilnahme an Transfermaßnahmen. Auf diese Weise soll der direkte Übergang aus einem alten in ein neues Arbeitsverhältnis gefördert werden. An den entstehenden Kosten beteiligt sich die Bundesagentur für Arbeit, wenn die Förderungsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Kostenbeteiligung soll einen Anreiz für die Betriebsparteien bilden, keine reinen "Abfindungssozialpläne" zu vereinbaren, sondern die Sozialplanmittel "beschäftigungsfördernd" einzusetzen. Mit dem Beschäftigungschancengesetz wurde insbesondere eine Beratungspflicht der Betriebsparteien "im Vorfeld" der Entscheidung über die Einführung von Transfermaßnahmen, insbesondere im Rahmen von Interessensausgleichs- oder Sozialplanverhandlungen, implementiert, vgl. § 110 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Eine Missachtung der Beratungspflicht führt ggf. zum Entfall der Förderungspflicht. Voraussetzung ist gem. § 110 Abs. 1 S. 1 SGB III ferner, dass die Arbeitnehmer aufgrund einer Betriebsänderung von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Weitere Voraussetzungen sind, dass die Maßnahme von einem Dritten durchgeführt wird, die vorgesehene Maßnahme der Eingliederung der Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt dienen soll, die Durchführung der Maßnahme gesichert ist und ein System zur Sicherung der Qualität angewendet wird. Gem. § 110 Abs. 1 S. 2 SGB III sind Transfermaßnahmen alle Maßnahmen zur Eingliederung von Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt, an deren Finanzierung sich Arbeitgeber angemessen beteiligen. In den Fachlichen Weisungen Transfermaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit sind beispielhaft förderungsfähige Maßnahmen aufgezählt, insbesondere "Profiling", Maßnahmen beruflicher Weiterbildung, Mobilitätshilfen und Einstellungszuschüsse. Nach § 110 Abs. 3 S. 1 SGB III ist eine Förderung ausgeschlossen, wenn die Maßnahme dazu dient, die Arbeitnehmer auf eine Anschlussbeschäftigung im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens vorzubereiten. Entsprechendes gilt für eine Anschlussbeschäftigung in einem anderen Konzernunternehmen, vgl. § 110 Abs. 3 S. 1 SGB III.
Rz. 1018
Als weiteres Gestaltungsmittel kommt die Überführung von Arbeitnehmern in eine sog. Transfergesellschaft oder Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG) in Betracht. Solche Gesellschaften können von den Unternehmen, die sozialplanpflichtige Entlassungen planen, für den konkreten Fall gegründet werden. Üblicherweise beauftragen Unternehmen allerdings dritte Anbieter, die regional oder teilweise auch überregional agieren und über die erforderliche Infrastruktur verfügen. Die von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer schließen mit ihrem Arbeitgeber sowie der Transfergese...