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Bei relativer Fahruntüchtigkeit (0,3–1,1 ‰), wenn über die getrunkene Alkoholmenge hinaus äußere Anzeichen für alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit vorliegen (OLG Nürnberg VersR 2001, 1230); je weiter sich die BAK vom Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt, desto gewichtiger müssen die Anzeichen sein (OLG Hamm NJW RR 2003, 978); als solche Anzeichen kommen in Betracht:
a) |
alkoholbedingte persönliche Ausfallerscheinungen (OLG Frankfurt a.M. VersR 1996, 52):
- aggressive und unsichere Fahrweise,
- eingeschränkte Reaktions- und Koordinationsfähigkeit.
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b) |
Fahrfehler, der typischerweise auf Alkohol beruht (Bauer, Kraftfahrtversicherung, Rn 1041):
- Versicherungsnehmer fährt bei einer BAK von 0,84 ‰ auf trockener Fahrbahn in einer ihm bekannten Rechtskurve ohne Anlass geradeaus (LG Frankfurt a.M. r+s 1987, 217); ebenso wenn Versicherungsnehmer bei einer Alkoholisierung von 1,04 ‰ auf einer geraden, vierspurigen Fahrbahn ohne erkennbaren Grund über die Gegenfahrbahn hinweg auf den linken Gehweg gerät (LG Düsseldorf SP 2004, 23).
- Versicherungsnehmer gerät bei einer BAK knapp unter 1,1 ‰ in einer Rechtskurve ohne fremde Beteiligung mit seinem Pkw auf die linke Fahrbahn (OLG Frankfurt a.M. VersR 2002, 603).
- Versicherungsnehmer verunfallt mit 1,14 ‰ BAK auf der Autobahn und kann nicht nachweisen, dass er einem Tier in der Größe eines Schäferhundes ausgewichen sei (OLG Düsseldorf r+s 2007, 402).
- Wenn relative Fahruntüchtigkeit vorliegt und der Versicherungsnehmer durch einen torkelnden Gang aufgefallen ist (OLG Köln SP 2003, 428).
- Versicherungsnehmer schert mit 0,86 ‰ BAK hinter einem anderem Pkw auf die Gegenfahrbahn aus, um einen Lkw zu überholen. Als Gegenverkehr auftritt, schafft es der andere Pkw, den Überholvorgang abzubrechen und sich wieder rechts einzuordnen. Versicherungsnehmer bremst zeitverzögert und verliert die Kontrolle über seinen Pkw. Dies ist als typische Folge einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit zu verstehen (OLG Koblenz r+s 2002, 498).
- Relative Fahruntüchtigkeit kann zu einer Leistungskürzung führen, wobei bei einer Alkoholisierung von 1,05 ‰ und damit knapp unterhalb der absoluten Fahruntüchtigkeit um 80 % gekürzt werden kann (KG VersR 2011, 487) und bei 1,09 ‰ um 75 %, wenn Ablenkung durch eine beschlagene Frontscheibe bestand (OLG Karlsruhe VersR 2014, 1369). Bei einer Alkoholisierung von 0,93 ‰ kann um 75 % gekürzt werden (OLG Saarbrücken NZV 2015, 539). Bei Zufahren auf eine weit sichtbare Unfallstelle mit einer Alkoholisierung von 0,7 ‰ ist um 75 % gekürzt worden (AG Siegen zfs 2013, 90). Bei einer Alkoholisierung von 0,67 ‰ (AG Darmstadt zfs 2015, 697) und von 0,50 ‰ (LG Aachen SP 2011, 375) kommt eine Kürzung um 75 % ebenso wie eine Kürzung um 50 % (OLG Hamm VersR 2010, 461; LG Flensburg zfs 2011, 700) in Betracht. Beim Ermöglichen einer Alkoholfahrt durch einen ebenfalls stark alkoholisierten Bekannten kommt eine Kürzung um 75 % in Betracht (LG Bonn r+s 2010, 320). Kommt der Versicherungsnehmer nachts mit einer BAK von 0,85 Promille in einer langgezogenen Linkskurve von der Fahrbahn ab und prallt gegen einen Baum, so kann der Nachweis eines alkoholursächlichen schweren Fahrfehlers geführt sein (OLG Saarbrücken v. 12.10.2022 – 5 U 22/22).
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