Rolf Klutinius, Jan Therstappen
Rz. 195
Die Haftpflichtversicherung bezieht sich auf die Haftpflicht des Versicherungsnehmers, also auf dessen Verpflichtung zum Schadensersatz nach den Grundsätzen des Zivilrechts.
I. Versicherungspflicht und Annahmezwang
Rz. 196
Nach § 1 PflVG ist der Halter eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers mit regelmäßigem Standort im Inland verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personen-, Sach- und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen und aufrecht zu erhalten, wenn das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen verwendet wird. Der Versicherungspflicht der Kraftfahrzeughalter entspricht ein in § 5 PflVG geregelter modifizierter Kontrahierungszwang der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer.
II. Umfang der Kfz-Haftpflichtversicherung, Abschnitt A.1 AKB
Rz. 197
Der Umfang der Kfz-Haftpflichtversicherung ergibt sich aus Abschnitt A.1 AKB.
1. Befreiungs- und Rechtsschutzanspruch des Versicherungsnehmers
Rz. 198
Wie jeder Haftpflichtversicherer hat auch der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer den Versicherungsnehmer und die mitversicherten Personen von Schadensersatzansprüchen freizustellen, die gegen sie erhoben werden. Auch nach der Wortwahl des Abschnitts A.1 AKB umfasst die Leistung des Versicherers die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Schadensersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden, wenn durch den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeuges
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Personen verletzt oder getötet werden |
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Sachen beschädigt oder zerstört werden oder abhandenkommen |
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Vermögensschäden herbeigeführt werden, die weder mit einem Personen- noch mit Sachschaden mittelbar oder unmittelbar zusammenhängen (reine Vermögensschäden). |
Rz. 199
Die Haftpflichtversicherung umfasst auch die Pflicht des Versicherers, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu tragen, die durch die zivilprozessuale Verteidigung gegen den von einem Dritten geltend gemachten Anspruch entstehen (§ 101 Abs. 1 S. 1 VVG; A. 1.1.3 AKB). Die Kosten, die in einem Strafverfahren gegen den Versicherungsnehmer anfallen, sind vom Versicherer nur zu übernehmen, wenn sie auf seine Weisung aufgewendet worden sind (§ 101 Abs. 1 S. 2 VVG).
2. Gebrauch des Fahrzeugs
Rz. 200
Die im Abschnitt A.1.1 AKB beschriebenen Schäden müssen "durch den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeugs" entstanden sein. Der Begriff des Gebrauches umfasst den des Betriebes i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG, geht aber noch darüber hinaus. Gedeckt sind die typischen, vom Gebrauch des Fahrzeuges selbst und unmittelbar ausgehenden Gefahren, z.B. auch Schweißarbeiten zur Reparatur eines Fahrzeugs. Durch den Wortlaut der AKB ist nun auch klargestellt worden, dass neben dem Fahren auch das Ein- und Aussteigen sowie das Be- und Entladen zum Gebrauch gehören. Nicht unter den Versicherungsschutz fallen Schäden, die nur gelegentlich des Gebrauchs des Fahrzeuges entstehen. Ausgegrenzt werden sollen die Bereiche der Privathaftpflicht- und der Betriebshaftpflichtversicherung.
Rz. 201
Abschnitt A.1 AKB setzt voraus, dass ein Anderer geschädigt worden ist und meint damit, dass ein Dritter einen Haftpflichtanspruch geltend macht; beschädigt der Fahrer ein eigenes anderes Fahrzeug, ist der Kfz-Haftpflichtversicherer nicht eintrittspflichtig.
3. Regulierungsvollmacht des Versicherers
Rz. 202
Nach A.1.1.4 AKB gilt der Versicherer als bevollmächtigt, im Namen der versicherten Personen alle ihm zur Befriedigung oder Abwehr der geltend gemachten Haftpflichtansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens abzugeben. Der Versicherer ist aufgrund von A.1.1.4 AKB auch zur Entgegennahme rechtsverbindlicher Erklärungen befugt. Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer oder den mitversicherten Personen leistungsfrei, besteht diese Vollmacht nicht.
Rz. 203
Wie der Versicherer seine Regulierungspflicht erfüllt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Solange keine unsachgemäße, willkürliche Regulierung der Ansprüche eines (angeblich) Geschädigten feststellbar ist, darf er auch gegen den Willen seines Versicherungsnehmers die Ansprüche ausgleichen. Die Regulierung muss damit nicht objektiv zutreffend sein. Bei offensichtlich unsachgemäßer Regulierung unbegründeter Ansprüche hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer jedoch die Prämiennachteile zu erstatten.
Rz. 204
Die tele...