Dr. med. Daniela Bellmann, Dr.-Ing. Steffen Brückner
Rz. 2
Nach Knussmann lässt sich eine Personenidentität im Rahmen einer forensischen Sachverhaltserforschung grds. auf der Grundlage zweier Prozesse nachweisen:
1. |
dem Wiedererkennen und |
2. |
dem Vergleich zweier Abbilder (Identifizierung). |
Beide Prozesse besitzen ein gemeinsames Ziel – die Zuordnung einer Person zu einer bestimmten Identität. Aus diesem Grund werden beide als Begriffe im täglichen Gebrauch häufig synonym verwandt, stehen jedoch streng genommen für völlig gegensätzliche Prozesse.
a) Wiedererkennen
Rz. 3
Das Wiedererkennen von Personen ist ein Vorgang, der jeden Tag vielfach vonstattengeht, ohne dass der Einzelne sich dessen bewusst wird. Hier steht nicht die gerichtete und analytische, sondern die ganzheitliche Wahrnehmung im Vordergrund. Ein Vergleichen von einzelnen Merkmalen entfällt dabei vollkommen. Wiedererkennen setzt einen gewissen Grad der Bekanntheit voraus. Von Wiedererkennen spricht man daher, wenn eine Person zu einem Zeitpunkt t1 wahrgenommen wurde und zu einem späteren Zeitpunkt t2 als die vorher Wahrgenommene bezeichnet wird. Dem Verarbeitungsprozess des Wiedererkennens liegen verschiedene theoretische Denkmodelle, wie z.B. die holistische Verarbeitung oder die lokale Konfiguration, zugrunde. Insgesamt wird beim Wiedererkennen jedoch in Bruchteilen von Sekunden die betreffende Person in ihrer Gesamtheit mit Bewegungsmustern, Gestik, Mimik, Sprache, Aussehen u.a. erfasst und durch verschiedene Speicher- und Verarbeitungsprozesse einer (bereits bekannten) Person zugeordnet. Der Abgleich erfolgt dabei, ohne dass ein visuelles Vergleichsmaterial, z.B. ein Bild der betreffenden Person vorliegen muss. Der Prozess des Wiedererkennens beruht somit auf
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Ganzheitlichkeit, |
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Geschwindigkeit, |
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Prägnanztendenz. |
Wiedererkennen kann durch eine Vielzahl von Stimuli beeinflusst bzw. gestört werden, was die Gefahr einer Falschidentifizierung mit sich bringt. Bei näherer Betrachtung oder aus einem anderen Blickwinkel heraus können sich die Beobachtungen verändern, zu anderen Mustern bzw. zu einem anderen Verarbeitungsprozess und daraus folgend zu einer anderen Personenzuordnung führen. Nach Valentine werden ähnliche Gesichter in einem "Gesichtsraum" nahe beieinander gespeichert, unähnliche weiter entfernt. Dies führt dazu, dass ähnliche Gesichter eher verwechselt werden können. Bei Knussmann wird daher dem Wiedererkennen kein Beweiswert im eigentlichen naturwissenschaftlichen Sinne zuerkannt.
b) Identifizieren
Rz. 4
Die Unterscheidbarkeit von Individuen begründet sich auf der Heterogenität von Merkmalen und Merkmalskomplexen. Um festgestellte Merkmale einer Person zuordnen zu können, müssen u.a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
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es muss Vergleichsmaterial vorliegen, |
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die Merkmale müssen prinzipiell vergleichbar sein, |
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die Merkmale müssen zeitlich konstant sein bzw. es müssen Erkenntnisse bzgl. ihrer zeitlich bedingten Veränderungen existieren. |
Die zeitliche Konstanz ist beim Vergleich von Merkmalen des Gesichtes nur bedingt gegeben, da sich verschiedene Merkmalsausprägungen mit zunehmendem Alter durch Veränderungen der Hautstruktur, des Gewichtes und der Behaarung unterschiedlich stark wandeln können. Diese Inkonstanz betrifft jedoch häufig nur Teilaspekte eines Merkmals und folgt einigen Gesetzmäßigkeiten, sodass die Auswirkungen bis zu einem gewissen Grad vorherzusagen sind.
Rz. 5
Der Beweis einer Personenidentität kann durch den Vergleich der Abbilder einer beteiligten Person und einer als identisch vermuteten Person erbracht werden. Identifizieren ist ein objektives Beweisen der Identität durch einen Abgleich von Einzelheit...