Dr. med. Daniela Bellmann, Dr.-Ing. Steffen Brückner
Rz. 93
Ein Vergleich von Strecken- bzw. Abstandsverhältnissen nach erfolgter Skalierung entspricht einem Proportionsvergleich.
Auf dem Vergleichsbild werden die zu vergleichenden Proportionen markiert. Die dabei entstehenden "Punktewolken" werden dann dupliziert und auf das Abbild des Täters bzw. des Fahrers auf dem Beweisbild übertragen. Dabei muss ein Markierungspunkt aus der Punktewolke des Vergleichsbildes mit der korrespondierenden Struktur auf dem Beweisbild übereingebracht werden (als sog. "Nullpunkt"). Die Übereinstimmungen oder die Differenzen zwischen den übrigen Markierungspunkten mit ihren korrespondierenden Gesichtsstrukturen werden danach ausgewertet. Bestehen deutliche Differenzen hinsichtlich der Abstände der markierten Gesichtsstrukturen zueinander, so kann dies einen Hinweis auf differente Gesichtsproportionen geben.
Abb. 17: Proportionsvergleich nach Skalierung an vertikalen Linien (Abb. 12b)
Es können sowohl vertikale Gesichtsproportionen wie z.B. die Abstände zwischen Stirnhaaransatz, Augen, Nase, Mund und Kinn als auch horizontale Proportionen, z.B. die Abstände zwischen Ohren und Augen beidseits verglichen werden. Beim Vergleich von horizontalen Proportionen handelt es sich letzten Endes um eine Beurteilung der Gesichtssymmetrie. Deutliche Asymmetrien sind ein sehr individualtypisches Merkmal und können Hinweise auf Identität oder Nichtidentität geben. Geringe Asymmetrien sind mit Vorsicht zu betrachten, da diese auch durch geringe mimische Bewegungen oder infolge einer geringen Auflösung mit fehlender Darstellung einer bestimmten Merkmalsausprägung vorgetäuscht werden können.
Bei der Auswahl des Gesichtsmerkmals, das am Anfang eines Proportionsvergleichs mit einem Punkt der Punktewolke in Übereinstimmung gebracht wird (sog. "Nullpunkt") gilt die gleiche Anforderung, wie bei der Auswahl der Merkmale zur Erstellung der Hilfsli–nien. Für die Praxis bedeutet dies, dass die Lage des Nullpunktes bei einem Gesichtervergleich entsprechend der Erkennbarkeit frei gewählt werden kann, wobei sich in Versuchen gezeigt hat, dass eine Verschiebung des Nullpunktes in die Peripherie den Einfluss unterschiedlicher Kopfhaltungen auf den Proportionenvergleich verringert.