Dr. med. Daniela Bellmann, Dr.-Ing. Steffen Brückner
Rz. 124
Immer wieder tritt in der Gutachterpraxis die Frage auf, ob nicht ein Lutschbonbon, ein Mundwasser, Zahnpflegeprodukte oder auch ein Asthmaspray Einfluss auf die AAK-Messung haben könnten. Aufgrund der sehr hohen Spezifität der Messgeräte Alcotest® 7110 Evidential und Alcotest® 9510 DE hinsichtlich der Zielsubstanz Ethanol (Alkohol) ist ein Einfluss durch Substanzen ohne Alkohol nahezu auszuschließen. Bleiben also nur noch die alkoholhaltigen Substanzen, die hier einen Einfluss nehmen könnten. Berücksichtigt man aber die Durchführungsbestimmungen für eine gerichtsverwertbare AAK-Messung, so wird dort eine sog. Kontrollzeit von 10 Minuten vorgeschrieben. In diesen 10 Minuten vor Abgabe der ersten Atemprobe (Probandenmessung 1) dürfen von dem Probanden keine Substanzen oral aufgenommen werden, er darf auch nicht rauchen und auch nichts essen. Nimmt man die Vorgaben sehr genau, so dürfte der Mund des Probanden nicht einmal mit Wasser ausgespült werden. Diese Kontrollzeit wird – ebenso wie die o.g. Wartezeit – von den Messbeamten meist in einem Begleitformular zur AAK-Messung nachvollziehbar dokumentiert. Durch die Kontrollzeit soll generell der Einfluss von sog. Störsubstanzen ausgeschlossen werden. Ferner soll hierdurch der Einfluss des sog. Mundrestalkohols auf die AAK-Messung vermieden werden. Bei der Anwendung alkoholhaltiger Mundsprays, Mundspüllösungen und auch bei alkoholhaltigen Bronchialsprays schlägt sich der Alkohol genauso wir beim Konsum alkoholhaltiger Getränke auch auf den Mund- und Rachenschleimhäuten nieder. Von dort verdampft er und kann in die vorbeiströmende Atemluft übertreten. Dies würde die AAK-Messung natürlich erheblich verfälschen. Bei Messungen mit "einfachen" Atemalkoholmessgeräten (sog. Vortestgeräte), die einen solchen Mundrestalkohol nicht erkennen können, kann man diesen erheblichen Einfluss auf die AAK-Messung auch nachweisen. Betrachtet man sich jedoch die Verlaufskurve des sog. Mundrestalkohols, so zeigt diese in den ersten Minuten einen sehr raschen Abfall, um sich dann der Nulllinie zu nähern (exponentieller Kurvenverlauf). In vielen Fällen reicht jedoch ein Zeitraum von 10 Minuten nicht aus, um einen sehr niedrigen und somit vernachlässigbaren Konzentrationsbereich zu erreichen. Gerade bei der Anwendung von Mundspüllösungen hat sich gezeigt, dass auch noch nach einem Zeitraum von mehr als 10 Minuten, vereinzelt auch über 20 Minuten hinaus, eine geringe Menge des Mundrestalkohols mit der Atemluft ausgeströmt wird. Bei pastenartigen, alkoholhaltigen Zahnpflegeprodukten (z.B. bei einem selbst hergestellten "Hausmittel" zur Zahnpflege), die auf die Zähne aufgetragen werden und dort längere Zeit verbleiben sollen (z.B. über Nacht), kann es sogar über einen Zeitraum von bis zu zwei Stunden zum Nachweis eines Mundrestalkohols kommen. Bezieht man dies auf die Praxis der AAK-Messung mit dem Alcotest® 7110 Evidential oder mit dem Alcotest® 9510 DE, so ist jedoch zu berücksichtigen, dass dieser Störeinfluss auf die Höhe der AAK nur sehr gering sein kann. Bei der AAK-Messung mit den besagten Messgeräten werden zwei Atemproben in einem Abstand von 2 bis 5 Minuten gemessen. D.h. selbst in dieser Zeit kann der Einfluss des Mundrestalkohols nur so gering sein, dass hierdurch der erlaubte Toleranzbereich zwischen den beiden Einzelmesswerten (s.o.: max. 0,02 mg/L bzw. 5 % vom Mittelwert) nicht überschritten wird. Ansonsten führt dies zu einer fehlerhaften Messung, die vom Messgerät erkannt und so auch im Messprotokoll angezeigt wird. Somit wird auch klar, dass der Störeinfluss Mundrestalkohol wiederum nur für eine AAK in unmittelbarer Nähe zum Grenzwert von 0,25 mg/L von Belang sein kann.