Dr. med. Daniela Bellmann, Dr.-Ing. Steffen Brückner
Rz. 80
Hier stellt sich immer die Frage, ob unterschiedliche bzw. gleichartige Merkmalsausprägungen auch tatsächlichen Unterschieden bzw. Gleichheiten entsprechen oder ob die eingeschränkte Auflösung, v.a. in den Randbereichen des Gesichtes für die unterschiedliche bzw. gleiche Erscheinung einzelner Merkmale verantwortlich sein kann. Als Beispiel kann hier die Wangenkonturlinie angeführt werden, die sich i.d.R. auf dem Vergleichsbild als scharf abgegrenzte Linie darstellt. Bei eingeschränkter Auflösung kann diese auf dem Beweisbild einem breiten Band unterschiedlicher Grauabstufungen entsprechen. Dies erlaubt einen Rückschluss auf die allgemeine Konfiguration der Wange, nicht jedoch auf feinen Merkmalsdetails der Linienführung in diesem Bereich. Wenig detailreiche Merkmale sind jedoch deutlich weniger individualtypisch und damit von geringerem Beweiswert als feinabgestufte Merkmalsdetails. So kann, um bei dem angeführten Beispiel zu bleiben, die Wangenlinie auf dem Beweisbild in ihrer prinzipiellen Konfiguration dem Pendant auf dem qualitativ meist besseren Vergleichsbild entsprechen. Auf dem Vergleichsbild können sich jedoch Feinmerkmale abzeichnen, die auf dem Beweisbild nicht erkennbar sind. Hier stellt sich die Frage, ob diese Merkmale bei der Person auf dem Beweisbild tatsächlich nicht vorliegen und sich somit ein Hinweis auf Nichtidentität ergibt oder ob die Feinmerkmale lediglich aufgrund der eingeschränkten Auflösung nicht erkennbar dargestellt sind. Meistens gibt es Hinweise in die eine oder andere Richtung, die vom Gutachter schlüssig dargelegt werden müssen. In Einzelfällen kann die Frage nicht entschieden werden.
Prinzipiell sind alle Menschen voneinander zu unterscheiden. Auch bei eineiigen Zwillingen finden sich, wenn auch geringe, Merkmalsunterschiede. Die Auflösung der zum Vergleich verwendeten Bilder entscheidet nicht selten in erheblichem Ausmaß darüber, ob diese Unterschiede auch zur Darstellung kommen.