Dr. med. Daniela Bellmann, Dr.-Ing. Steffen Brückner
Rz. 3
Das Wiedererkennen von Personen ist ein Vorgang, der jeden Tag vielfach vonstattengeht, ohne dass der Einzelne sich dessen bewusst wird. Hier steht nicht die gerichtete und analytische, sondern die ganzheitliche Wahrnehmung im Vordergrund. Ein Vergleichen von einzelnen Merkmalen entfällt dabei vollkommen. Wiedererkennen setzt einen gewissen Grad der Bekanntheit voraus. Von Wiedererkennen spricht man daher, wenn eine Person zu einem Zeitpunkt t1 wahrgenommen wurde und zu einem späteren Zeitpunkt t2 als die vorher Wahrgenommene bezeichnet wird. Dem Verarbeitungsprozess des Wiedererkennens liegen verschiedene theoretische Denkmodelle, wie z.B. die holistische Verarbeitung oder die lokale Konfiguration, zugrunde. Insgesamt wird beim Wiedererkennen jedoch in Bruchteilen von Sekunden die betreffende Person in ihrer Gesamtheit mit Bewegungsmustern, Gestik, Mimik, Sprache, Aussehen u.a. erfasst und durch verschiedene Speicher- und Verarbeitungsprozesse einer (bereits bekannten) Person zugeordnet. Der Abgleich erfolgt dabei, ohne dass ein visuelles Vergleichsmaterial, z.B. ein Bild der betreffenden Person vorliegen muss. Der Prozess des Wiedererkennens beruht somit auf
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Ganzheitlichkeit, |
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Geschwindigkeit, |
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Prägnanztendenz. |
Wiedererkennen kann durch eine Vielzahl von Stimuli beeinflusst bzw. gestört werden, was die Gefahr einer Falschidentifizierung mit sich bringt. Bei näherer Betrachtung oder aus einem anderen Blickwinkel heraus können sich die Beobachtungen verändern, zu anderen Mustern bzw. zu einem anderen Verarbeitungsprozess und daraus folgend zu einer anderen Personenzuordnung führen. Nach Valentine werden ähnliche Gesichter in einem "Gesichtsraum" nahe beieinander gespeichert, unähnliche weiter entfernt. Dies führt dazu, dass ähnliche Gesichter eher verwechselt werden können. Bei Knussmann wird daher dem Wiedererkennen kein Beweiswert im eigentlichen naturwissenschaftlichen Sinne zuerkannt.