Rz. 59

Da die Bildmappe die Grundlage eines morphologischen Bildvergleichsgutachtens darstellt, ist deren Erstellung häufig einer der ersten Arbeitsschritte.

Hierbei wird zunächst entsprechend des vorliegenden Beweisbildes ein perspektivisch weitgehend übereinstimmendes Vergleichsbild ausgesucht. Bei Differenzen hinsichtlich Accessoires, Mimik bzw. zur Detaildarstellung von Gesichtsregionen, die auf dem passenden Vergleichsbild durch z.B. Haar überdeckt sind, können zusätzliche Bilder oder Bildteile ausgewählt werden.

Diese Bilder werden nebeneinandergestellt. Noch entlang der z-Achse bestehende Unterschiede in der Kopfhaltung können nicht mehr korrigiert werden, bei Differenzen in x- oder y-Richtung können die Gesichter gedreht werden. Um die weitgehend gleiche Ausrichtung zu überprüfen, werden zunächst auf dem Fahrer- bzw. Täterbild gut sichtbare Punkte mittels einer Geraden miteinander verbunden. Ist das Gesicht in einer annähernd frontalen Perspektive dargestellt, eignen sich hierfür z.B. die beiden äußeren Augenwinkel, was zu einer horizontal ausgerichteten Hilfslinie führt.

Abb. 8a: Hilfslinie zur weiteren Angleichung der Kopfhaltung bei Gesichtern in der frontalen Perspektive

Abb. 8b: Bilder nach Angleichung der Kopfhaltung

Bei einer halbseitlichen Darstellung bietet sich z.B. eine Hilfslinie zwischen dem inneren Augenwinkel des der Kamera zugewandten Auges und dem gleichseitigen Ohroberrand an.

Abb. 9a: Hilfslinie zur weiteren Angleichung der Kopfhaltung bei Gesichtern in der halbseitlichen Perspektive

Abb. 9b: Bilder nach Angleichung der Kopfhaltung

In der seitlichen Perspektive können z.B. der Nasensattel und der Oberrand des dargestellten Ohres als Orientierungspunkte für die Hilfslinie dienen.

Abb. 10a: Hilfslinie zur weiteren Angleichung der Kopfhaltung bei Gesichtern in der seitlichen Perspektive

Abb. 10b: Bilder nach Angleichung der Kopfhaltung

 

Hinweis

Natürlich sind auch andere Orientierungspunkte hierfür geeignet, Bedingung ist die sichere Erkennbarkeit auf dem qualitativ häufig schlechteren Beweisbild. Diese Hilfslinie wird dann kopiert, über das Gesicht auf dem Vergleichsbild gelegt und durch Ausrichten des dortigen Kopfes an dieser Hilfslinie die Kopfhaltung der vermuteten Person entsprechend angeglichen.

 

Rz. 60

Neben einer weitgehend gleichen Perspektive sind vergleichbare Größenverhältnisse eine weitere wesentliche Voraussetzung für den Vergleich zweier Gesichter. Dies wird durch die Skalierung, d.h. den Größenangleich einer festgelegten Strecke bzw. Proportion erreicht.[24] Bei manchen Autoren finden sich festgelegte Skalierungsdistanzen für den Größenangleich zweier Gesichter, wie z.B. der Abstand der Pupillen.[25] In der Praxis orientiert sich die zur Skalierung verwendete Strecke oder Proportion ebenso wie die Hilfslinie zu Angleichung der Kopfhaltung an der Erkennbarkeit der dabei verwendeten Gesichtsstrukturen.

Zunächst wird, wiederum zuerst auf dem Beweisbild, eine weitere zu der ersten Hilfslinie parallel verlaufende horizontale Gerade durch einen gut erkennbaren Orientierungspunkt eingezeichnet. Auch diese Linie wird kopiert und über das Gesicht auf dem Vergleichsbild gelegt. Danach wird – unter Ausschluss einer Verzerrung – dieser Abstand auf dem Gesicht der vermuteten Person auf eine bzgl. des Gesichtes auf dem Beweisbild vergleichbare Größe vergrößert oder verkleinert, d.h. skaliert.

Abb. 11a: Skalierung mittels horizontaler Linien

Abb. 11b: Bilder nach der Skalierung

Zwischen den durch die Hilfslinien gekennzeichneten Gesichtsstrukturen besteht bei beiden Gesichtern nun ein vergleichbarer Abstand, d.h. eine vergleichbare Proportion, was einen Abgleich von Abständen und Proportionen in anderen Anteilen des Gesichtes ermöglicht. Die Skalierung ist natürlich nicht nur anhand horizontaler, sondern auch vertikaler Hilfslinien möglich.

Abb. 12a: Skalierung mittels vertikaler Linien

Abb. 12b: Bilder nach der Skalierung

 

Rz. 61

Die Auswahl der zur Skalierung verwendeten Gesichtsbereiche orientiert sich an der Erkennbarkeit der dafür benötigten morphologischen Merkmalspunkte auf der qualitativ schlechteren Fotografie – meist dem Beweisbild. Prinzipiell sind die Merkmalspunkte vom Gutachter unter Beachtung dieser Forderung frei wählbar. In Versuchen bzgl. der Auswahl ergaben sich beim anschließenden Proportionsvergleich leicht bessere Ergebnisse bei Auswahl eines horizontalen Abstandes zwischen vertikalen Hilfslinien, wie z.B. dem Abstand zwischen beiden Mundwinkeln oder zwischen den äußeren Augenwinkeln.[26]

 

Rz. 62

In einigen Fällen, z.B. bei Vorliegen einer ungünstigen Perspektive oder bei Teilverdeckung des Gesichtes, kann das Einzeichnen einer horizontalen Linie zur Angleichung der Kopfhaltungen nicht möglich sein. In diesem Fall können auch vertikale oder schräge Linien, z.B. entlang des Verlaufs des Nasenrückens zur Anwendung kommen. Eine vertikal verlaufende Linie kann dann auch unter Hinzufügen einer weiteren vertikalen Geraden zur Angleichung von Gesichtsproportionen verwendet werden, im Fall ei...

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