Rz. 21
Die §§ 1829, 1831 und 1832 BGB beinhalten Regelungen für Maßnahmen, die für den Patienten hohe gesundheitliche Risiken bergen bzw. erhebliche Freiheitsbeschränkungen bedeuten. Aufgrund der Erheblichkeit der durch Einwilligung/Nichteinwilligung/Widerruf der Einwilligung drohenden Folgen besteht ein Genehmigungserfordernis durch das Betreuungsgericht.
Rz. 22
Nach § 1829 Abs. 1 BGB bedarf die Einwilligung des Betreuers/Bevollmächtigten in eine medizinische Maßnahme dann einer Genehmigung, wenn die Gefahr besteht, dass der Patient stirbt oder einen schweren und länger andauernden gesundheitlichen Schaden erleidet (Ausnahme: Gefahr bei Aufschub der Maßnahme). § 1829 Abs. 2 BGB stellt Fälle der Nichteinwilligung oder den Widerruf der Einwilligung ebenfalls unter den Vorbehalt der betreuungsgerichtlichen Genehmigung.
Von dem Erfordernis der betreuungsgerichtlichen Genehmigung hat der Gesetzgeber einen Ausnahmetatbestand geschaffen, der in § 1829 Abs. 4 BGB geregelt ist. Danach bedarf es keiner Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn Arzt und Betreuer einvernehmlich der Ansicht sind, dass die Einwilligung/Nichteinwilligung/der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Patienten entspricht.
Zitat
"Stellt das Gericht dieses Einvernehmen i.S.v. § 1904 Absatz 4 BGB [Anm. d. Verf.: heute § 1829 Abs. 4 BGB] fest, hat es den Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung ohne weitere gerichtliche Ermittlungen abzulehnen und ein so genanntes Negativattest zu erteilen, aus dem sich ergibt, dass eine gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich ist … Gleiches gilt, wenn das Gericht trotz Einvernehmens zunächst einen Anlass für die Ermittlung des Patientenwillens mit den ihm zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten sieht, aber nach der Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901a BGB [Anm. d. Verf.: heute § 1827 BGB] festgestellten Willen entspricht."
Hat einer der Handelnden aber Zweifel, ob das Vorgehen dem Willen des Betroffenen entspricht, ist das Genehmigungsverfahren durchzuführen. "Die Schwelle für gerichtliches Eingreifen ist nicht zu hoch anzusetzen, …. die Prüfungskompetenz des Betreuungsgerichts ist auch dann eröffnet, wenn zwar ein Einvernehmen zwischen Betreuer und behandelndem Arzt besteht, aber gleichwohl ein Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung gestellt wird."
Nach § 1829 Abs. 5 BGB gelten dessen Abs. 1–4 auch für einen Bevollmächtigten. Voraussetzung für das Recht, in eine Maßnahme nach § 1829 BGB einzuwilligen, nicht einzuwilligen oder eine Einwilligung zu widerrufen, ist, dass die Vollmacht diese Kompetenz ausdrücklich umfasst.
Rz. 23
§ 1831 BGB betrifft Fälle der Freiheitsentziehung durch Unterbringung oder anderweitige Maßnahmen (z.B. mechanische Vorrichtungen, Medikamente), § 1831 Abs. 4 BGB. Maßnahmen nach § 1831 BGB können durch den Betreuer nur in den Fällen des Abs. 1 angeordnet werden; eine Genehmigung des Betreuungsgerichts ist erforderlich, es sei denn, mit einem Aufschub ist Gefahr verbunden (§ 1831 Abs. 2). In diesem Fall ist die Genehmigung unverzüglich nachzuholen.
Rz. 24
§ 1831 Abs. 3 BGB stellt klar, dass ein Betreuer eine Maßnahme nach § 1831 BGB bei Wegfall der Voraussetzungen beenden muss und dies dem Betreuungsgericht unverzüglich anzuzeigen ist. § 1831 Abs. 5 BGB besagt, dass die Abs. 1–4 auch für einen Bevollmächtigten gelten und dass eine Vorsorgevollmacht diese Kompetenz ausdrücklich umfassen muss.
Rz. 25
Die noch relativ junge Regelung des § 1832 BGB betrifft die Einwilligung eines Betreuers (oder Bevollmächtigten) in ärztliche Zwangsmaßnahmen und die Verbringung des Betreuten zu einem stationären Aufenthalt in ein Krankenhaus (§ 1832 Abs. 4 BGB). Auch hier ist eine gerichtliche Genehmigung erforderlich, die Einwilligung ist bei Wegfall der Voraussetzungen zu widerrufen und dem Betreuungsgericht unverzüglich anzuzeigen. Für die Zuweisung dieser Kompetenz an eine bevollmächtigte Person ist erforderlich, dass die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst (§ 1832 Abs. 5 BGB).