I. Dauerpfändung
Rz. 8
Nicht nur derzeitige, auch künftig fällig werdende Forderungen können grds. gepfändet werden. Künftige Forderungen werden jedoch nur dann gepfändet, wenn diese im Pfändungsbeschluss ausdrücklich erwähnt sind. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Auszahlung der Versicherungssumme aus einer Firmendirektversicherung ist bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls als zukünftige Forderung pfändbar.
Rz. 9
Bei der Pfändung des Arbeitseinkommens und/oder von Ansprüchen mit Lohnersatzfunktion erfasst das Pfandrecht bereits kraft Gesetzes auch das künftig fällig werdende Arbeitseinkommen (§§ 832, 833 ZPO). Hierdurch soll eine Vielzahl von Einzelpfändungen vermieden werden. Allerdings erfasst ein erster Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur dann mehrere Vergütungsansprüche, wenn diese Arbeitsverhältnisse in einem inneren Zusammenhang stehen.
Rz. 10
Vor diesem Hintergrund werden Einkünfte freiberuflich Tätiger, Selbstständiger oder nicht berufstätiger Personen nicht als Arbeitseinkommen i.S.d. § 850 ZPO angesehen und sind diesem auch nicht gleichzustellen (vgl. § 850i ZPO). Deshalb verbleibt es für den Personenkreis von freiberuflich Tätigen, Selbstständigen oder nicht berufstätigen Personen bei den allgemeinen Vollstreckungsschutzvorschriften. Einen begrenzten Pfändungsschutz erlangt ein solcher Schuldner nach § 765a ZPO, wenn das Existenzminimum des Schuldners gefährdet ist oder ohne öffentliche Hilfen gefährdet wäre.
Rz. 11
Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers in eine wertgleiche Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt wird (Entgeltumwandlung), die im Wege der Direktversicherung durchgeführt wird, entstehen insoweit keine pfändbaren Ansprüche auf Arbeitseinkommen (§ 850 Abs. 2 ZPO) mehr. Das gilt auch dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst nach Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses über das Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers getroffen haben, sofern der Arbeitnehmer von seinem Recht aus § 1a Abs. 1 S. 1 BetrAVG Gebrauch gemacht hat und der umgewandelte Entgeltbetrag den in § 1a Abs. 1 S. 1 BetrAVG vorgesehenen Betrag nicht überschreitet. In einem solchen Fall liegt in der Entgeltumwandlungsvereinbarung auch keine den Gläubiger benachteiligende Verfügung i.S.v. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO.
Rz. 12
Die Pfändung beschränkt sich aber nicht nur auf das Arbeitsverhältnis, das zzt. der Zustellung des Pfändungsbeschlusses besteht. Sie umfasst auch die Ansprüche aus dem gesamten künftigen Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber oder dessen Rechtsnachfolger. Hierbei ist es unerheblich, ob sich bereits im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses pfändbare Beträge ergeben oder nicht. Auch nach einem Betriebsübergang bleiben die Pfandverstrickung und die Rangfolge von Lohnpfändungen erhalten. Es ist nicht erforderlich, neue Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse gegen den Betriebserwerber zu erwirken. Eine Kündigung oder Wiedereinstellung bei demselben Arbeitgeber beeinträchtigt die Pfändung nicht, sofern es sich nach wie vor um ein einheitliches Arbeitsverhältnis handelt. Unschädlich ist daher eine kurzfristige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses wegen Arbeitsmangels oder eine saisonbedingte Unterbrechung.
Rz. 13
Auch die Einberufung zur Bundeswehr unterbricht das Arbeitsverhältnis nicht. Ebenfalls liegt dann keine Unterbrechung vor, wenn die Entlassung oder Wiedereinstellung nur zu dem Zweck erfolgt, den Gläubiger und damit das Pfändungspfandrecht abzuschütteln.
Rz. 14
Liegt jedoch ein neues Arbeitsverhältnis vor, dann muss der Gläubiger erneut pfänden, z.B. bei Wiedereinstellung mit geänderten Arbeitsbedingungen.
Rz. 15
Das Prinzip der Dauerpfändung und der Einheitlichkeit des Arbeitsverhältnisses gilt auch für die arbeitseinkommensähnlichen Leistungen wie Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Rentenleistung, und ebenfalls für Miet- oder Pachtzinsforderungen. Die Mitpfändung künftiger Bezüge erstreckt sich auch auf das Arbeitslosengeld, das aufgrund einer neuen Arbeitslosigkeit zu zahlen ist, auch wenn der Arbeitslose eine neue Anwartschaft auf Arbeitslosengeld nicht erworben hat.