1. Gesetzliche Regelung
Rz. 51
Als bedingt pfändbare Bezüge werden die Ansprüche nach § 850b ZPO in der Praxis durch den Gläubiger nur wenig ausgenutzt. Für einen geschickt argumentierenden Gläubiger handelt es sich hierbei jedoch durchaus um eine weitere Vollstreckungsmöglichkeit, da sich der Schuldner bei der Anhörung vor der Pfändung im Zweifel nur selten äußern wird.
§ 850b ZPO ist nicht nur auf Renten, Einkünfte und Bezüge von Arbeitnehmern und Beamten, sondern auch von anderen Personen, insbesondere Selbstständigen, anwendbar. Die Pfändung selbst kann durch Blankettbeschluss entsprechend § 850c Abs. 5 S. 3 ZPO bewirkt werden.
Rz. 52
Bei den Bezügen nach § 850b ZPO handelt es sich überwiegend um
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Erwerbsunfähigkeitsrenten, nicht pfändbar ist der Anspruch aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Unpfändbar sind auch Ansprüche aus privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen. Rechtsfolge einer entgegen § 400 BGB erfolgten Abtretung ist deren absolute Unwirksamkeit. |
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Unterhaltsrechtliche Ansprüche sind nicht der Pfändung unterworfen, § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO und können nicht abgetreten werden. Sinn dieser Vorschrift ist die sozialpolitische Schutzbedürftigkeit des Gläubigers (hier: des unterhaltsberechtigten Kindes), dessen finanzielle Lebensgrundlage erhalten bleiben soll. Ein Abtretungsverbot ist im Wege der teleologischen Reduktion des § 400 BGB nicht anzunehmen, wenn der Zessionar seinerseits dem Zedenten die Leistungen erbringt, deren Erhalt das Pfändungsverbot sicherstellen will. |
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Unterhaltsrenten, insb. der Taschengeldanspruch (hierzu nachfolgend Rdn 60 ff.), auf gesetzlichen Vorschriften beruhende einmalige Unterhaltsforderungen (hier: Sonderbedarf) sind nur bedingt pfändbar. |
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Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag, der zur anderweitigen Regelung des Versorgungsausgleichs abgeschlossen wurde, unterliegen dem für Unterhaltsrenten geltenden Pfändungsschutz. |
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fortlaufende Einkünfte aus Stiftungen oder der Anspruch aus einem Altenteil (Rentenreallast), eine aufgrund einer Stiftungsvereinbarung gezahlte Invalidenpension ist unpfändbar und auch nicht gem. § 850b Abs. 1 Nr. 1 bedingt pfändbar, selbst wenn ihr Erlangen durch ein Arbeitsverhältnis bedingt ist. |
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Ansprüche aus öffentlichen und privaten Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen. |
Einmalige Leistungen des privaten Krankenversicherers (Krankenkasse) für entstandene Krankenkosten unterliegen dem Pfändungsschutz des § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Der Pfändungsschutz umfasst nicht die nach dem Tod des Bezugsberechtigten noch ausstehenden Versicherungsleistungen. Die Erstattung von Kosten für ärztliche Behandlungsmaßnahmen im Krankheitsfall und andere Krankheitskosten durch einen privaten Krankenversicherungsträger sind zwar grds. nach § 850b Abs. 1 ZPO von der Pfändung ausgenommen. Sie können aber ausnahmsweise nach § 850b Abs. 2 ZPO durch Beschluss der Pfändung unterworfen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die durch die Pfändung zu befriedigenden Gläubiger anders voraussichtlich keine volle Befriedigung erhalten können und die Pfändbarkeit nach den Umständen des Falls der Billigkeit entspricht.
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die Ansprüche aus "Klein"-Lebensversicherungen unter 5.400,00 EUR. |
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Auch Ansprüche auf Unfallruhegehalt sind – im Gegensatz zu Ansprüchen auf Unfallausgleich – weder nach § 51 Abs. 3 BeamtVG noch nach § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO unpfändbar. |
Da diese Ansprüche ebenso wie Arbeitseinkommen dazu bestimmt sind, den Lebensunterhalt des Schuldners zu sichern, sind sie nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften pfändbar, wenn
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die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird, |
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und wenn nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge die Pfändung der Billigkeit entspricht (§ 850b Abs. 2 ZPO). |
Rz. 53
Hinweis
Der grds. nach § 850c Abs. 3 ZPO bei der Lohnpfändung statthafte Blankettbeschluss verbietet sich jedoch für die nach Maßgabe des § 850b ZPO folgende Pfändung von Rentenansprüchen aus privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen. Der Versicherer als Drittschuldner ist kein Arbeitgeber und nicht in der Lage, die pfändungsfreien Beträge für den Schuldner und seine weiteren Unterhaltsverpflichteten festzustellen.
Rz. 54
Vor der Entscheidung über die Pfändung ist der Schuldner und ggf. auch der Drittschuldner zu hören (§ 850b Abs. 3 ZPO).