Rz. 279
Die Abwehr einer Klage und der Vollstreckung aus einem Urteil stellen i.d.R. inhaltlich eine Angelegenheit dar. Der Auftrag betrifft dann die Abwehr derselben Ansprüche und damit denselben Gegenstand. Der Rechtsanwalt, der den Mandanten gegen eine Zwangsvollstreckung verteidigen soll, hat zu prüfen, ob die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen und die relevanten Verfahrensvorschriften einschließlich der Pfändungsschutzvorschriften (§§ 811 bis 812, 850 bis 852 ZPO) beachtet werden. Bei einem Verstoß ist der Mandant über mögliche Rechtsbehelfe (z.B. §§ 732, 766 bis 768, 793 ZPO, § 11 RPflG) aufzuklären. Der Rechtsanwalt hat ferner in Erwägung zu ziehen, eine einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung zu beantragen (§§ 707, 719, 769 ZPO) oder Schutzanträge zugunsten des Auftraggebers (§§ 712, 721, 765a, 794a, 813a ZPO) zu stellen.
Hat der Mandant seinerseits einen vollstreckbaren Titel gegen den Gläubiger, ist zu prüfen, ob nicht dessen Forderung gegen den Mandanten gepfändet werden kann. Die Pfändung in eigene Schuld ist jedenfalls dann zulässig, wenn sie dazu dient, dem Gläubiger die Verrechnung in den Fällen zu ermöglichen, in denen die allgemeinen Aufrechnungsvoraussetzungen nicht vorliegen oder die Aufrechnung aus prozessualen Gründen unstatthaft ist. Für die Einziehung der gepfändeten Forderung in eigene Schuld reicht es aus, dass der Vollstreckungsgläubiger und Drittschuldner ggü. dem Vollstreckungsschuldner erklärt, die wechselseitigen Forderungen zu verrechnen.
Rz. 280
Der Rechtsanwalt hat den Mandanten ggf. auch auf die Möglichkeit hinzuweisen, eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Es ist darauf zu achten, dass eine solche Abwendungsbefugnis durch eine Bankbürgschaft ermöglicht wird. Dann kann der Schuldner nach der Zustellung einer geeigneten Bankbürgschaft (im Original) an den Gläubiger die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen (§§ 775 Nr. 3, 776 ZPO).
Rz. 281
Bis zur Entscheidung des Mandanten über die Durchführung eines Rechtsmittels hat der Rechtsanwalt der möglichen Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren (Räumungs-)Urteil mit geeigneten Rechtsbehelfen entgegenzutreten und den Mandanten darauf hinzuweisen, dass der Gegner im Fall der Vollstreckung nach § 717 Abs. 2 ZPO schadensersatzpflichtig ist, wenn das Urteil auf Berufung hin aufgehoben wird.
Rz. 282
Der Berufungsanwalt, der für seinen Mandanten ohne Beteiligung eines Korrespondenzanwalts eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung erwirkt (§§ 719, 707 ZPO) und die Sicherheit dem Gegner übermittelt hat, ist verpflichtet, sich um die Rückgabe der Sicherheit zu kümmern, nachdem sein Mandant mit der Berufung ganz oder im Wesentlichen obsiegt hat (vgl. § 715 ZPO). In diesen Fällen muss der Berufungsanwalt seinem Mandanten notfalls zur Klage auf Rückgabe der Sicherheit raten, falls der Gegner diese nicht freiwillig herausgibt (§ 109 ZPO). Der Rechtsanwalt kann sich seiner Pflichten nicht dadurch entledigen, dass er die Handakten an den Prozessbevollmächtigten erster Instanz, der im Berufungsverfahren nicht als Korrespondenzanwalt beteiligt und mit der Sache nicht mehr befasst war, mit der Bemerkung zurückschickt, die Angelegenheit abgeschlossen zu haben.