Rz. 428
Das RVG gilt – ebenso wie früher die BRAGO nach ihrem § 1 Abs. 2 – auch dann nicht, wenn der Rechtsanwalt als Vormund, Betreuer, Pfleger, Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Sachwalter, Mitglied des Gläubigerausschusses, Nachlass- oder Zwangsverwalter, Treuhänder, Schiedsrichter oder in ähnlicher Stellung tätig wird. Dabei handelt es sich um Aufgaben, deren Erledigung zum großen Teil nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Interesse liegt, und die in erheblichem Umfang auch von Angehörigen anderer Berufe wahrgenommen werden. Ebenso findet das RVG für eine Tätigkeit eines Anwalts als Syndikusanwalt keine Anwendung (§ 1 Abs. 2 Satz 1 RVG).
Rz. 429
Dennoch kann der Rechtsanwalt im Rahmen einer solchen Tätigkeit für die Erledigung bestimmter Einzelaufgaben eine Vergütung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 RVG (früher nach § 1 Abs. 2 Satz 2 BRAGO) i.V.m. § 1835 Abs. 3 BGB fordern. Nach dieser Vorschrift gelten als Aufwendungen, deren Ersatz der Vormund vom Mündel verlangen kann (§ 1835 Abs. 1 BGB), auch solche Dienste, die zu seinem Beruf gehören; der Rechtsgedanke dieser Bestimmung ist auf die übrigen Tätigkeiten i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 RVG zu übertragen.
Nimmt ein Rechtsanwalt im Rahmen einer solchen Tätigkeit – etwa als Insolvenzverwalter, als Sonderinsolvenzverwalter, als Liquidator oder als Zwangsverwalter – Aufgaben wahr, deren sachgerechte Erledigung selbst ein geschäftserfahrener Nichtjurist einem Rechtsanwalt hätte übertragen müssen, so steht dem Anwalt – neben dem Honorar für die allgemeine Tätigkeit – eine zusätzliche Vergütung nach dem RVG zu, gleichgültig, ob es sich um eine gerichtliche oder außergerichtliche Tätigkeit handelt. Dem Auftraggeber soll es dann nicht zugutekommen, dass der Rechtsanwalt Dienste erbringt, für die der Auftraggeber sonst die Hilfe eines anderen Rechtsanwalts hätte in Anspruch nehmen und vergüten müssen. An die Berechtigung einer solchen Sondervergütung sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen; sie sind i.d.R. erst dann erfüllt, wenn es sich um rechtliche Maßnahmen handelt, die über die übliche allgemeine Tätigkeit i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 RVG erheblich hinausgehen. Eine AGB-Klausel, die einen begründeten Anspruch des Rechtsanwalts auf ein Sonderhonorar im vorstehenden Sinne ausschließt und von einer beliebigen Zustimmung des anderen Teils abhängig macht, ist gem. § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
Ein Insolvenzverwalter darf Aufgaben, die ein Nichtjurist im Allgemeinen nicht sachgerecht erledigen kann, auch dann einem Rechtsanwalt übertragen, wenn er selbst Volljurist ist.