Rz. 262
Wenn der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte nicht selbst ein Rechtsmittel einlegen kann, etwa weil er an dem Rechtsmittelgericht nicht postulationsfähig ist, nicht einlegen soll oder nicht einlegen will, kann er gleichwohl mit dem Auftraggeber vereinbaren, einen am Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt auszuwählen und zu beauftragen, den Mandanten in der höheren Instanz zu vertreten. Bei Rechtsmittelaufträgen erschöpft sich die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts nicht im rechtzeitigen Absenden des Auftragsschreibens; der Rechtsanwalt, der einen solchen Auftrag erteilt, muss auch dafür Sorge tragen, dass der beauftragte Rechtsanwalt den Auftrag innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist bestätigt. Der beauftragende Rechtsanwalt muss den rechtzeitigen Eingang dieser Bestätigung überwachen. Notfalls muss sich der beauftragende Rechtsanwalt rechtzeitig vor Fristablauf davon überzeugen, ob der Auftrag bei dem am Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt eingetroffen ist und dieser ihn angenommen hat. Eine Rückfrage bei dem zu beauftragenden Rechtsanwalt ist nur dann ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn zwischen dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten und dem Rechtsmittelanwalt im Einzelfall oder allgemein die Absprache besteht, dass dieser Rechtsmittelaufträge annehmen, prüfen und ausführen wird. Bei ordnungsgemäßer Büroorganisation darf sich der beauftragende Rechtsanwalt dann grds. darauf verlassen, dass der erteilte Auftrag den anderen Rechtsanwalt rechtzeitig erreicht. Im Falle der Ablehnung des Mandats durch den zunächst in Aussicht genommenen Rechtsanwalt muss der Auftraggeber in der Lage sein, den Rechtsmittelauftrag noch rechtzeitig einem anderen Rechtsanwalt zu erteilen, um die Durchführung des Rechtsmittels zu gewährleisten. Zur Abgrenzung der Pflichten zwischen Verkehrs- und Prozessanwalt (hier Berufungsanwalt) siehe oben (vgl. Rdn 216). Übernimmt es ein Instanzanwalt, im Auftrag seiner Partei nach seiner Wahl einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt mit der Einlegung einer zugelassenen Revision zu beauftragen, will dieser das Mandat aber nur nach Abschluss einer Honorarvereinbarung übernehmen, muss sich der Instanzanwalt vergewissern, dass die Honorarvereinbarung mit seinem Mandanten rechtzeitig abgeschlossen wird, und andernfalls einen anderen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen. Für eine Vergewisserung reicht eine Mail nicht aus, weil deren Zugang wegen der Gefahr technischer Störungen nicht gesichert ist. Es muss zumindest eine Lesebestätigung angefordert und deren Eingang kontrolliert werden.
Der Rechtsanwalt, der einem anderen einen Rechtsmittelauftrag erteilt, hat dem beauftragten Rechtsanwalt nach eigener Prüfung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise die für die fristgemäße Einlegung und Begründung des Rechtsmittels erforderlichen Daten zu übermitteln. Die Übermittlung der Daten hat regelmäßig schriftlich zu erfolgen. Erfolgt die Übermittlung ausnahmsweise fernmündlich, so besteht eine besondere Kontrollpflicht, um Missverständnisse zuverlässig auszuschließen.
Grds. ist der Rechtsmittelanwalt nicht gehindert, die Rechtsmittelbegründung von einer anderen Person (z.B. juristischer Mitarbeiter, Verkehrsanwalt) entwerfen zu lassen. Erforderlich ist aber, dass er die Rechtsmittelbegründung (und andere Schriftsätze) selbstständig prüft und die volle Verantwortung dafür übernimmt.