Rz. 154

Ein Rechtsanwalt muss geeignete Beweismittel ermitteln, indem er den Auftraggeber hierzu gezielt befragt.[663] Allerdings ist der Rechtsanwalt nicht verpflichtet, in irgendeiner Form an Zeugen heranzutreten, um zu klären, wie diese im Fall einer Vernehmung aussagen werden. Eine derartige "Parteivernehmung" von Zeugen wird von der Rechtsprechung als bedenklich bezeichnet. Sie könne dazu führen, dass der Beweiswert einer Zeugenaussage gemindert und der Rechtsanwalt dem Verdacht einer unzulässigen Zeugenbeeinflussung ausgesetzt werde.[664] Dabei ist jedoch auch zu beachten, dass es in der Praxis vielfach unumgänglich ist, zur Ermittlung der einer Klage oder Klageerwiderung zugrunde zu legenden Tatsachen und zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsstreits mit möglichen Zeugen Kontakt aufzunehmen. Vgl. dazu auch Rdn 42.

Steht kein Beweismittel zur Verfügung und hat deshalb eine wichtige Klage keine oder nur geringe Aussicht auf Erfolg, ist zu prüfen, ob der Anspruch abgetreten werden kann, um die Partei sodann als Zeugen benennen zu können.[665] Ist eine Abtretung nicht möglich, etwa wegen eines Abtretungsverbotes, sind andere Möglichkeiten zu erwägen, etwa auch die Ablösung des Geschäftsführers einer GmbH, damit dieser anschließend als Zeuge benannt werden kann.[666] Diese Möglichkeiten samt ihren Vor- und Nachteilen sind mit dem Mandanten zu erörtern und dessen Entscheidung ist einzuholen. Denn ob etwa im Hinblick auf die Bedeutung des Rechtsstreits eine Auswechslung des Geschäftsführers trotz der damit verbundenen Risiken zweckmäßig und vertretbar ist, kann allein der Mandant entscheiden. Der Rechtsanwalt darf aber wegen solcher Gefahren nicht schon von einer Beratung über diese Möglichkeit absehen.[667]

[663] Weitgehend BGH, VersR 1961, 467, 469; vgl. auch OLG Köln, NJW 1986, 725 f.; sowie Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer, Rn 501.
[664] BGH, VersR 1965, 710, 712; vgl. auch RGZ 140, 392, 397 f.

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