Rz. 416
Regressansprüche gegen Rechtsberater werden häufig in der Weise geltend gemacht, dass sie von den Mandanten gegen anwaltliche Honorarforderungen zur Aufrechnung gestellt werden. Hierbei ist der Mandant auch berechtigt, mit einer Schadensersatzforderung gegen damit nicht in Zusammenhang stehende Gebührenansprüche des Rechtsberaters aufzurechnen. Umgekehrt kann der Rechtsanwalt mit einem Vergütungsanspruch gegen eine Schadensersatzforderung des Auftraggebers aufrechnen. Das Recht zur Aufrechnung mit Gebührenforderungen wird in Anwaltshaftungsprozessen häufig übersehen. Eine Aufrechnung kommt nicht nur aus dem Regressmandat, sondern auch mit Vergütungsansprüchen aus anderen Mandaten in Betracht. Deswegen sind die Grundzüge der Vergütungspflicht des Auftraggebers in diesem Handbuch der Anwaltshaftung zu erörtern.
I. Vertragliche Hauptpflicht
Rz. 417
Der Auftraggeber hat dem für ihn tätigen Rechtsanwalt oder Steuerberater die geschuldete Vergütung zu zahlen. Dies ist die Hauptpflicht des Mandanten aus einem Anwalts- oder Steuerberatervertrag.
Die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) über die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Berufstätigkeit ist am 1.7.2004 ersetzt worden durch das Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG).
Nach den Übergangsvorschriften der §§ 60, 61 RVG ist grds. die BRAGO anzuwenden, wenn dem Rechtsanwalt der Auftrag vor dem 1.7.2004 erteilt worden ist; wurde der Rechtsanwalt seit diesem Stichtag beauftragt, so gilt das RVG. Rechtsprechung und Schrifttum zur BRAGO behalten danach unmittelbare Bedeutung, soweit noch das alte Gebührenrecht anzuwenden ist; außerdem können sie zur Auslegung derjenigen Bestimmungen des RVG dienen, die den Vorschriften der BRAGO entsprechen.
Die Vergütungsverordnung für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (Steuerberatervergütungsverordnung – StBVV) regelt – i.V.m. § 64 StBerG – die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für die selbstständige Berufstätigkeit der genannten steuerlichen Berater. Bei Mehrfachqualifikation als Rechtsanwalt und als Steuerberater verweist § 35 RVG auf wesentliche Regelungen der StBVV.
II. Rechtsgrundlagen
1. Allgemeines und Vergütungsprozess
Rz. 418
Rechtliche Grundlage eines Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts oder Steuerberaters ist i.d.R. ein Vertrag.
Beauftragt ein Prozessbevollmächtigter im eigenen Namen einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung eines Termins, so ist der Terminsvertreter regelmäßig Erfüllungsgehilfe des Prozessanwalts und verdient die Gebühr für diesen.
Entsprechend § 5 RVG gilt auch für die BRAGO, dass ein Rechtsanwalt, der sich durch einen Assessor vertreten lässt, eine Vergütung i.H.d. vollen gesetzlichen Gebühren verdienen kann; das ist i.d.R. jedenfalls dann der Fall, wenn der Assessor beim Prozessbevollmächtigten angestellt ist und seine Zulassung als Rechtsanwalt betreibt.
Ein früherer Rechtsanwalt ist auch nach seinem Ausscheiden aus der Anwaltschaft berechtigt und verpflichtet, außerhalb eines Kostenfestsetzungsverfahrens die Voraussetzungen des § 18 BRAGO (vgl. § 10 RVG) für das Einfordern seiner Vergütungsansprüche zu erfüllen, wenn der bestellte Abwickler insoweit nicht tätig geworden ist.
Nimmt ein Strafverteidiger Honorar an, obwohl er weiß, dass es aus einer Straftat i.S.d. § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB stammt, kann er sich wegen Geldwäsche strafbar machen (§ 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB; vgl. auch § 11 GwG). Unter Einschränkung des rechtlichen Ansatzes dieses Urteils des BGH hat das BVerfG entschieden, dass die genannte Strafvorschrift mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit Strafverteidiger nur dann mit Strafe bedroht werden, wenn sie bei Annahme ihres Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft haben; Leichtfertigkeit i.S.d. § 261 Abs. 5 StGB genügt insoweit nicht. Aufgrund dieser Entscheidung ist der Beschl. des LG Berlin gegenstandslos; dieses hatte angenommen, der Strafverteidige...