Rz. 480
Nach § 352 StGB wird ein Rechtsanwalt wegen Gebührenüberhebung bestraft, wenn er Vergütungen erhebt, von denen er weiß, dass der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Maße schuldet. Die Bestimmung grenzt den Täterkreis auf solche Personen ein, die Vergütungen zu ihrem Vorteil "zu erheben haben". Vergütungen im Sinne dieser Vorschrift sind nur solche Ansprüche, die dem Grunde und dem Betrag nach gesetzlich festgelegt sind und die der Rechtsanwalt nach den Gebührenordnungen, Taxen oder sonstigen Vorschriften selbst zu berechnen hat. Nur soweit der Rechtsanwalt nach den gesetzlichen Gebühren abrechnet, kann er sie in den vereinfachten Festsetzungsverfahren nach § 11 RVG (früher § 19 BRAGO) festsetzen lassen und so einen vollstreckbaren Titel erlangen. Die Strafandrohung will sicherstellen, dass er sich bei dieser ihm überlassenen Berechnung seines Anspruchs in den Schranken hält, die ihm die Gebührenordnungen auferlegen. Der Schutzzweck dieser Strafnorm besteht danach nicht nur darin, Mandanten vor überhöhten Vergütungsforderungen ihres Rechtsanwalts zu bewahren, sondern sie v.a. vor dem Missbrauch seiner Befugnis zu schützen, gesetzliche Gebühren erheben zu dürfen. Das spezifische Unrecht der Gebührenüberhebung besteht gerade darin, dass der Täter für seine Forderungen zu Unrecht die Autorität einer gesetzlichen Gebührenregelung in Anspruch nimmt.
Rz. 481
Rechnet der Rechtsanwalt auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung ab, dann "erhebt" er keine Vergütung i.S.d. § 352 StGB. Seinen Vergütungsanspruch leitet er in diesem Falle allein aus der vertraglichen Vereinbarung her. Dies gilt nicht nur für eine die gesetzlichen Gebühren übersteigende Honorarforderung, sondern auch, wenn der Rechtsanwalt auf der Grundlage einer unwirksamen Honorarvereinbarung seinen Anspruch beziffert. Insoweit bezieht er sich gerade nicht auf die gesetzlich festgelegte Vergütungsordnung, sondern die Grundlage seiner Honorarberechnung bleibt die vertragliche Vereinbarung. Er "erhebt" deshalb in diesen Fällen keine Vergütung, weil er den Vergütungsanspruch nicht nach den gesetzlichen Vergütungsordnungen bestimmt. Dies ist i.Ü. auch seinem Mandanten als dem Adressaten seiner Abrechnung deutlich. Dieser erhält eine Abrechnung, die sich ausdrücklich nicht auf die gesetzliche Vergütungsordnung stützt, sondern auf eine mit ihm getroffene Honorarvereinbarung. Demnach besteht kein Vertrauen des Mandanten, dass der Rechtsanwalt seine Befugnis, nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen zu dürfen, nicht missbraucht hat.