Rz. 306
Soll der Rechtsanwalt oder Steuerberater für den Mandanten ein Gutachten erstatten, hat er im Rahmen des Auftrags die Angelegenheit umfassend zu beurteilen und den Mandanten möglichst erschöpfend und in alle Richtungen, die für den Mandanten von Interesse sein können, zu informieren. Es gelten die allgemeinen Grundsätze (vgl. Rdn 93).
Je nach Umfang der Prüfung haben sich hierfür in großen Wirtschaftskanzleien englische Bezeichnungen eingebürgert, etwa "Due Dilligence", "Legal Due Dilligence Report" oder "Red Flag Due Dilligence". Maßgebend für den Umfang der Prüfungspflichten ist auch hier in allen Fällen die Parteivereinbarung.
Eine Besonderheit ist die "Third Party Legal Opinion", wo der Anwalt einer Partei im Rahmen von Vertragsverhandlungen im Auftrag des Mandanten eine Stellungnahme für die Gegenpartei erstattet. Dabei ist selbstverständlich eine Haftung des Anwalts für die Richtigkeit der Opinion gewollt. Schon ob das ein Gutachten sei, wird bestritten; es handele sich vielmehr um eine Bestätigung zu einer bestimmten Frage. Das ändert aber im Ergebnis nichts. Sie muss jedenfalls richtig sein. Es handelt sich, wenn nicht auch der Gegner selbst einen Auftrag erteilt, je nach Vertragsinhalt um einen Vertrag zugunsten Dritter bzw. mit Schutzwirkung für Dritte. Vertreten werden dazu auch andere Auffassungen. Der Umfang der Pflichten des Anwalts, der die Opinion erstellt, richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen, die sehr unterschiedlich und mit verschiedensten Einschränkungen versehen sein können. Dies gilt auch für die umstrittene Frage, ob die Opinion vollständig sein muss.
Rz. 307
Es tritt insb. das Problem auf, ob der Anwalt nicht verbotswidrig (§ 43a Abs. 4 BRAO) gegenläufige Interessen vertritt, was zur Nichtigkeit des Vertrages (vgl. Rdn 377) führen würde (vgl. allgemein dazu Rdn 369 ff.). Der Anwalt hat also, jedenfalls wenn der Vertrag deutschem Recht unterliegt, darauf zu achten, im Rahmen der Begutachtung nur im Sinne gleichgerichteter Interessen in neutraler Weise tätig zu werden. Dabei darf er die Interessen seines Mandanten nicht über diejenigen des Verhandlungspartners stellen. Stellt der Anwalt fest, dass die Interessen nicht gleichgerichtet und Gegensätze unüberwindbar sind, er also widerstreitende Interessen der Vertragspartner beurteilen muss, hat er das Mandat niederzulegen und darf auch seinen vorherigen Mandanten nicht weiter beraten und vertreten. Hier gilt nichts anderes als bei der Beauftragung eines Anwalts durch zwei scheidungswillige Ehepartner (vgl. Rdn 199). Geklärt sind diese Probleme in der Rechtsprechung noch nicht.