Dr. Michael Pießkalla, Dr. iur. Matthias Quarch
Rz. 3
Die Erste Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Einführung eines EG-Führerscheins (80/1263 EWG) vom 4.12.1980 ist durch Rechtsverordnungen vom 23.11.1982 und vom 13.12.1985 in deutsches Recht umgesetzt worden.
Rz. 4
Die Zweite Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften über den Führerschein (91/439 EWG) vom 29.7.1991 gilt auch im Verhältnis zu den Staaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Staaten).
Rz. 5
In der Bundesrepublik Deutschland erfolgte die Umsetzung jedoch erst mit Wirkung vom 1.1.1999 durch erhebliche Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes und Schaffung einer neuen eigenständigen Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV).
Rz. 6
Die Art und Weise der Umsetzung führte zu einer Klage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem EuGH (Rechtssache C 372/03). Seitens der Kommission wurde geltend gemacht, dass einige Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 29.7.1991 (91/439 EWG) über den Führerschein nicht vollständig in deutsches Recht übernommen worden seien. Der EuGH gab dieser Klage mit Urt. v. 15.9.2005 – ECLI:EU:C:2005:551 – weitgehend statt.
Rz. 7
Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 9.8.2004 wurde bereits den Klagegründen Rechnung getragen, soweit sie vom damaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen als berechtigt angesehen worden sind. Dies betrifft im Wesentlichen Vorschriften über
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die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse DE mit einer Fahrerlaubnis der Klassen C1E und D (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 Fahrerlaubnis-Verordnung [FeV]), |
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die Zulässigkeit von Überführungsfahrten von Fahrzeugen der Klassen D und DE durch Inhaber von Fahrerlaubnissen der Klassen C1, C1E, C oder CE (§ 6 Abs. 4 FeV), |
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Registrierungspflichten von Inhabern bestimmter EU- oder EWR-Fahrerlaubnisse, die ihren ordentlichen Wohnsitz in die Bundesrepublik Deutschland verlegen (§ 29 FeV), |
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die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis, wenn die Eintragung von Beschränkungen in einem EU- oder EWR-Führerschein wegen dessen Beschaffenheit nicht möglich ist (§ 47 Abs. 2 S. 3 FeV), |
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die Einführung einer neuen Fahrerlaubnisklasse (Klasse S). |
Rz. 8
Anschließend wurde die Dritte Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den Führerschein (2006/126/EG) vom 30.12.2006 erlassen. Ziel dieser Dritten EU-Führerschein-Richtlinie (FRL) ist es u.a., durch einen weiteren Schritt der Harmonisierung des Fahrerlaubnisrechtes den Führerscheintourismus zu bekämpfen. Die Regelungen der Richtlinie waren nach ihrem Art. 16 Abs. 1 bis spätestens zum 19.1.2011 in nationales Recht umzusetzen. Dies erfolgte durch mehrere Gesetzesänderungen, zuletzt durch die 6. VO zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 7.1.2011. Gemäß Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie gelten ihre Vorschriften ab dem 19.1.2013 unmittelbar. Ab demselben Tag ist nach Art. 17 Abs. 1 die Zweite Führerscheinrichtlinie außer Kraft getreten.
Rz. 9
Die Dritte Führerschein-Richtlinie enthält einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit. Als Regelungspunkte sind zu nennen:
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Einführung eines einheitlichen EG-Führerscheinmusters (Art. 1 FRL); |
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Regelung zur Gültigkeitsdauer für Führerscheine (Art. 7 Abs. 2 FRL); |
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Maßnahmen zum Schutz gegen Fälschung bei regelmäßiger Erneuerung der Fahrerlaubnisse; |
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Regelungen zu den gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tätigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs gem. Anhang III der FRL; |
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Voraussetzungen für die Erteilung oder Erneuerung einer Fahrerlaubnis für Bewerber oder Fahrzeugführer, die alkoholabhängig sind oder das Führen eines Fahrzeugs und Alkoholgenuss nicht trennen können (Nr. 14.1 des Anhangs III); |
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Prüfung der Mindestanforderungen an die körperliche oder geistige Tauglichkeit für das Führen der entsprechenden Fahrzeuge (Art. 7 Nr. 3 Abs. 1 und 2 FRL); |
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Begrenzung der festgelegten Gültigkeitsdauer für Führerscheininhaber, die ihren Wohnsitz im jeweiligen Hoheitsgebiet und das Alter von 50 Jahren erreicht haben; |
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Möglichkeit der Anforderung häufiger ärztlicher Kontrollen und sonstiger Maßnahmen, wie z.B. Auffrischungskurse (Art. 7 Abs. 3 FRL); |
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Regelung zur gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine (Art. 2 Abs. 1 FRL). |
Rz. 10
Am 1.3.2023 legte die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Überarbeitung der Dritten Führerscheinrichtlinie vor, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Der Vorschlag, der in einer Vierten EU-Führerscheinrichtlinie münden soll, wurde im Februar 2024 durch das EU-Parlament beraten, wobei auf die Selbstbewertung der Fahrtauglichkeit (d.h. auf den Verzicht verpflichtender Fahreignungsbegutachtungen ab einem bestimmten Lebensalter), eine zweijährige Mindest-Probezeit für Fahranfänger und die Möglichkeit Wert gele...