A. Rechtliche Grundlagen
Rz. 1
Die gesetzlichen Regelungen zum Recht der Fahrerlaubnis sind das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die aufgrund von Ermächtigungen dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, speziell die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) und die Anlagen hierzu, sowie das Fahrlehrergesetz.
Weitere Regelungen ergeben sich aus der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) mit ergänzenden Vorschriften.
Im Hinblick auf den zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt auch Verfassungsrecht zum Tragen.
Weiter sind als Rechtsquellen zu nennen Rechtsvorschriften der EU sowie zwischenstaatliche Abkommen und überstaatliches Recht.
Schließlich sind Regelungen zum Recht der Fahrerlaubnis und speziell zu Maßnahmen gegen Inhaber von Fahrerlaubnissen getroffen in den verkehrsrechtlichen Straftatbeständen des Strafgesetzbuches (StGB), in der Strafprozessordnung (StPO) und im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG).
B. Die wichtigsten Regelungen im Einzelnen
I. Europäische Richtlinien
1. Allgemeines
Rz. 2
Richtlinien der gem. Art. 288 Unterabs. 1 AEUV ermächtigten Organe sind für jeden Mitgliedsstaat hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich. Sie überlassen jedoch gem. Art. 288 Unterabs. 3 AEUV den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Demgegenüber gelten Verordnungen der gem. Art. 288 Unterabs. 1 AEUV ermächtigten Organe der Europäischen Union allgemein und unmittelbar gem. Art. 288 Unterabs. 2 AEUV in jedem Mitgliedsstaat.
2. Die erlassenen Richtlinien
Rz. 3
Die Erste Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Einführung eines EG-Führerscheins (80/1263 EWG) vom 4.12.1980 ist durch Rechtsverordnungen vom 23.11.1982 und vom 13.12.1985 in deutsches Recht umgesetzt worden.
Rz. 4
Die Zweite Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften über den Führerschein (91/439 EWG) vom 29.7.1991 gilt auch im Verhältnis zu den Staaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Staaten).
Rz. 5
In der Bundesrepublik Deutschland erfolgte die Umsetzung jedoch erst mit Wirkung vom 1.1.1999 durch erhebliche Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes und Schaffung einer neuen eigenständigen Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV).
Rz. 6
Die Art und Weise der Umsetzung führte zu einer Klage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem EuGH (Rechtssache C 372/03). Seitens der Kommission wurde geltend gemacht, dass einige Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 29.7.1991 (91/439 EWG) über den Führerschein nicht vollständig in deutsches Recht übernommen worden seien. Der EuGH gab dieser Klage mit Urteil vom 15.9.2005 – ECLI:EU:C:2005:551 – weitgehend statt.
Rz. 7
Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 9.8.2004 wurde bereits den Klagegründen Rechnung getragen, soweit sie vom damaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen als berechtigt angesehen worden sind. Dies betrifft im Wesentlichen Vorschriften über
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die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse DE mit einer Fahrerlaubnis der Klassen C1E und D (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 Fahrerlaubnis-Verordnung [FeV]), |
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die Zulässigkeit von Überführungsfahrten von Fahrzeugen der Klassen D und DE durch Inhaber von Fahrerlaubnissen der Klassen C1, C1E, C oder CE (§ 6 Abs. 4 FeV), |
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Registrierungspflichten von Inhabern bestimmter EU- oder EWR-Fahrerlaubnisse, die ihren ordentlichen Wohnsitz in die Bundesrepublik Deutschland verlegen (§ 29 FeV), |
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die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis, wenn die Eintragung von Beschränkungen in einem EU- oder EWR-Führerschein wegen dessen Beschaffenheit nicht möglich ist (§ 47 Abs. 2 S. 3 FeV), |
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die Einführung einer neuen Fahrerlaubnisklasse (Klasse S). |
Rz. 8
Anschließend wurde die Dritte Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den Führerschein (2006/126/EG) vom 30.12.2006 erlassen. Ziel dieser Dritten EU-Führerschein-Richtlinie (FRL) ist es u.a., durch einen weiteren Schritt der Harmonisierung des Fahrerlaubnisrechtes den Führerscheintourismus zu bekämpfen. Die Regelungen der Richtlinie waren nach ihrem Art. 16 Abs. 1 bis spätestens zum 19.1.2011 in nationales Recht umzusetzen. Dies erfolgte durch mehrere Gesetzesänderungen, zuletzt durch die 6. VO zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 7.1.2011. Gemäß Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie gelten ihre Vorschriften ab dem 19.1.2013 unmittelbar. Ab demselben Tag ist nach Art. 17 Abs. 1 die Zweite Führerscheinrichtlinie außer Kraft getreten.
Rz. 9
Die Dritte Führerschein-Richtlinie enthält einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit. Als Regelungspunkte sind zu nennen:
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Einführung eines einheitlichen EG-Führerscheinmusters (Art. 1 FRL); |
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Regelung zur Gültigkeitsdauer für Führerscheine (Art. 7 Abs. 2 FRL); |
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Maßnahmen zum Schutz gegen Fälschung bei regelmäßiger Erneuerung der Fahrerlaubnisse; |
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Regelungen zu den gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tätigkeit zum Führen eines Kraftfahr... |