Rz. 72

Unter Umständen kann der Unternehmer auch über die normalen Verjährungsfristen hinaus haften.

 

Rz. 73

Gem. § 634a Abs. 2 BGB verjähren Mängelansprüche in den regelmäßigen Verjährungsfristen (§ 195 BGB: drei Jahre ab Eintritt der Voraussetzungen gem. § 199 BGB), wenn der Unternehmer einen Mangel arglistig verschweigt. Die fünfjährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche bei Bauleistungen wird dadurch aber keinesfalls verkürzt, § 634a Abs. 3 S. 2 BGB. Arglist liegt vor, wenn der Unternehmer bei Abnahme einen Mangel kennt, sich bewusst ist, dass dieser für die Entscheidung des Bestellers über die Abnahme erheblich ist und den Mangel dennoch nicht offenbart, obwohl er nach Treu und Glauben hierzu verpflichtet ist. Zu den einzelnen Voraussetzungen:

Der Unternehmer muss den Mangel positiv kennen, was der Besteller beweisen muss. Es reicht nicht aus, dass der Unternehmer den Mangel kennen musste oder der Mangel für einen Fachmann auf der Hand lag.[82] Kenntnis muss beim Unternehmer selbst oder bei einem seiner Erfüllungsgehilfen vorliegen.[83]

 

Rz. 74

Das Bewusstsein, dass das Wissen um diesen Mangel den Besteller von der Abnahme abhalten würde, liegt sicher dann vor, wenn der Mangel wesentlich ist. Bei bloßen Bagatellmängeln wird man ein solches Bewusstsein dagegen nicht annehmen können.

 

Rz. 75

Auch bei der Offenbarungspflicht nach Treu und Glauben wird es unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls darauf ankommen, wie bedeutsam der jeweilige Mangel ist.

 

Rz. 76

Mit seiner Grundsatzentscheidung vom 12.3.1992[84] hat der BGH darüber hinaus die Fallgruppe des sog. Organisationsverschuldens entwickelt und dieses hinsichtlich der Verjährung dem arglistigen Verschweigen gleichgestellt. Kern dieser Entscheidung und der in Folgeentscheidungen ergangenen Konkretisierungen des BGH ist, dass ein Unternehmer nicht die Arbeitsteiligkeit seines Betriebs dazu nutzen dürfe, sich hinsichtlich von bei der Abnahme vorliegenden, offenbarungspflichtigen Mängeln unwissend zu halten. Er ist vielmehr verpflichtet, seinen Betrieb ordnungsgemäß zu organisieren. Zur Frage des Organisationsverschuldens gibt es eine umfangreiche Kasuistik.[85] Wichtig bei der Durchsetzung von Ansprüchen aufgrund von Organisationsverschulden ist, dass bei besonders schwerwiegenden und augenfälligen Mängeln ein Anscheinsbeweis für ein Organisationsverschulden eingreifen kann (aber keineswegs muss).

[83] So schon der BGH im grundlegenden Urt. v. 20.12.1973 – VII ZR 184/72 – NJW 1974, 553.
[85] Vgl. hierzu Werner/Pastor, Rn 2800 ff.

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