Rz. 131
Bei Bauvorhaben werden immer wieder Mängel durch verschiedene Baubeteiligte verursacht. Regelmäßig kommt dann eine gesamtschuldnerische Haftung der Baubeteiligten, § 421 BGB, gegenüber dem Besteller in Betracht. Dem Besteller steht es völlig frei, welchen der Gesamtschuldner er in Anspruch nimmt. Regelmäßig ist es sinnvoll, mehrere Gesamtschuldner auch gleich gemeinsam zu verklagen. Insbesondere gilt dies wegen § 425 BGB, wonach grundsätzlich bestimmte Tatsachen nur gegenüber dem jeweils betroffenen Gesamtschuldner wirken. Das bedeutet vor allem, dass eine Klage gegen einen Gesamtschuldner nicht die Verjährung gegen die anderen Gesamtschuldner hemmt.
Typische Gesamtschuldverhältnisse im Baurecht sind: Mehrere Unternehmer verursachen gemeinsam einen Mangel oder verschiedene Mängel, die sich nur einheitlich beseitigen lassen; verschiedene Unternehmer haften aber dann nicht als Gesamtschuldner, wenn und soweit sich die zur Beseitigung der Mängel ihrer Leistungen erforderlichen Nacherfüllungsleistungen nicht überschneiden. Keine Gesamtschuldner im Verhältnis zum Besteller sind der Unternehmer und sein Subunternehmer, die grundsätzlich stets nur in ihrer jeweiligen vertraglichen Beziehung haften. Eine gesamtschuldnerische Haftung kann auch zwischen planendem und bauüberwachendem Architekten einerseits und ausführendem Unternehmer andererseits bestehen (der Architekt plant falsch, der Unternehmer führt auf Grundlage der fehlerhaften Planung falsch aus, obwohl er Bedenken hätte haben müssen; dem bauüberwachenden Architekten fällt die bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung erkennbare fehlerhafte Ausführung des Unternehmers nicht auf). Zwischen einem Architekten und einem Sonderfachmann (insbesondere Fachplaner) kann eine Gesamtschuld bei fehlerhafter Leistung des Sonderfachmanns bestehen, in der Regel aber nur dann, wenn die Fehler des Sonderfachmanns für einen "normalen" Architekten ohne Spezialkenntnisse aus der Sondermaterie des Fachplaners erkennbar waren.
Rz. 132
Nimmt der Besteller einen Gesamtschuldner in Anspruch, ist immer zu prüfen, ob der Anspruch des Bestellers gem. § 254 BGB zu kürzen ist, weil er sich das Verschulden eines anderen Gesamtschuldners als seines Erfüllungsgehilfen anrechnen lassen muss:
Der planende Architekt ist im Verhältnis zum Bauunternehmen und dem bauüberwachenden Architekten Erfüllungsgehilfe des Bestellers. Denn der Besteller bedient sich des planenden Architekten bei der Erfüllung seiner Pflicht zur Übergabe ordnungsgemäßer Pläne an die anderen Baubeteiligten. Beruhen Mängel einerseits auf Planungs-, andererseits auf Ausführungs- und oder Überwachungsfehlern, sind Ansprüche des Bestellers gegenüber dem Unternehmer bzw. dem bauüberwachenden Architekten daher um den Verursachungsanteil des planenden Architekten zu kürzen.
Rz. 133
Dagegen ist der bauüberwachende Architekt kein Erfüllungsgehilfe des Bestellers, da der Besteller gegenüber dem Bauunternehmen keine Pflicht hat, es zu überwachen. Ebenso wenig hat der Besteller die Pflicht, die Planung des Architekten zu prüfen. Weder der planende Architekt noch der Unternehmer können somit gegenüber dem Besteller einwenden, sie hafteten nicht oder nicht vollständig, weil (auch) ein Fehler des Bauüberwachers vorliegt.
Rz. 134
Der Sonderfachmann ist im Verhältnis des Bestellers zum Architekten auch kein Erfüllungsgehilfe des Bestellers.
Rz. 135
Gem. § 650t BGB haftet der bauüberwachende Architekt nur subsidiär zum ausführenden Unternehmen. Voraussetzung für eine Inanspruchnahme des Architekten ist, dass der Besteller dem Unternehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.