Rz. 98
Die Anforderungen an die Darlegung eines Mangels im Prozess sind nach der Rspr. des BGH nicht sehr hoch. Es reicht aus, dass der Kläger die äußeren Mängelerscheinungen vorträgt und eine Zuordnung zu einer bestimmten Leistung des Beklagten vornimmt (sog. Symptomrechtsprechung). Was die Ursachen für die Mängelerscheinungen sind, muss der Kläger nicht darlegen, sein Vortrag zu Mangelsymptomen erfasst alle möglichen Ursachen dieser Symptome. Dies gilt auch dann, wenn die angegebenen Symptome nur an bestimmten Stellen auftreten, während ihre Ursache und damit der Mangel des Werks das ganze Gebäude erfasst. Es ist also nicht nötig, rein aus Substantiierungsgründen vor dem Prozess ein Privatgutachten einzuholen, um dann konkret zur Ursachenzusammenhängen zwischen dem Mangelsymptom und dem eigentlichen Mangel der Werkleistung vortragen zu können. Auch ist vertiefter Vortrag zu den erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen nicht nötig. Dennoch ist es häufig empfehlenswert, ein vorprozessuales Privatgutachten einzuholen. Der künftige Kläger gewinnt so Klarheit darüber, ob zum einen überhaupt ein Mangel vorliegt, welche Bedeutung dieser hat (stellt sich nämlich heraus, dass es sich um einen Mangel handelt, der mit vergleichsweise geringem Aufwand beseitigt werden kann, wird eine Klage häufig mehr Aufwand produzieren als Nutzen bringen) und insbesondere bei mehreren Baubeteiligten kann der Kreis der potenziell Verantwortlichen so möglicherweise eingegrenzt werden.
Im Übrigen werden in der Instanzenrechtsprechung häufiger überhöhte Anforderungen an die Substantiierung eines Mangels gestellt. Wenn der Kläger auf Grundlage eines Privatgutachtens vertieft vorträgt – und damit letztlich über das hinausgeht, was der BGH von ihm fordert – kann dies dazu beitragen, zeitintensive Diskussionen über die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Substantiierung zu vermeiden. Im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass die Symptomrechtsprechung des BGH den Kläger selbstverständlich nicht davon entbindet, die Mangelsymptome so genau wie möglich unter Nutzung einschlägiger Fachterminologie zu bezeichnen. Der Mangel muss so beschrieben werden, dass für einen Dritten – namentlich den Gerichtsgutachter – das Mangelsymptom ohne Weiteres auffindbar ist und klar ist, was damit gemeint ist. Auch insoweit kann es hilfreich sein, wenn bereits durch ein Privatgutachten eine umfassende Aufnahme und Beschreibung der Mangelsymptome erfolgt ist.