aa) Sowieso-Kosten
Rz. 123
Der Besteller soll durch die Nacherfüllung nicht bessergestellt werden, als er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages stünde. Wenn also bei einer von Anfang an ordnungsgemäßen Erfüllung der Besteller eine höhere Vergütung hätte bezahlen müssen, so ist dies bei der Ersatzpflicht des Unternehmers in Abzug zu bringen. Bei der Durchsicht der geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten ist demnach durch den Beklagten stets zu prüfen, ob die Mängelbeseitigung etwa den Einsatz höherwertiger Materialien als ursprünglich eingebaut erfordert, so dass die Kosten entsprechend zu kürzen sind (aber bei Planungsverantwortung des Unternehmers Entwicklung zu § 650c Abs. 1 S. 2 BGB im Blick behalten, vgl. bereits Rdn 7).
bb) Abzug neu für alt
Rz. 124
Aus Sicht des Unternehmers ist auch zu prüfen, ob gegenüber einem Anspruch des Bestellers ein Abzug "neu für alt" geltend gemacht werden kann. Ein solcher Abzug kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn der Besteller mittels der Mängelansprüche ein Bauteil erneuert erhält, dessen Lebensdauer bereits zu einem erheblichen Teil abgelaufen war, so dass er sich spätere Instandsetzungskosten erspart. Allerdings scheidet ein Abzug "neu für alt" dann aus, wenn die Vorteile – d.h. die Renovierung erst in einem späten Lebensdauerzyklus – auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen und der Besteller sich jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste. Das dürfte häufig der Fall sein. Der Unternehmer darf nicht dadurch besserstehen, dass der Vertragszweck nicht sogleich, sondern erst im Rahmen der Gewährleistung erreicht wird.
cc) Zuschusspflicht des Bestellers
Rz. 125
Verlangt der Besteller Nacherfüllung in natura und trifft ihn ein Mitverschulden am Mangel bzw. muss er sich Teile der Mangelbeseitigungskosten im Wege der Vorteilsausgleichung (Sowieso-Kosten, Abzug neu für alt) anrechnen lassen, kann der Unternehmer einen Zuschuss verlangen, den er dann auch prozessual geltend machen muss. Gleiches gilt für den Fall einer möglichen Zug-um-Zug-Verurteilung bei der Zahlungsklage des Unternehmers mit Mängeleinwendungen des Bestellers; in diesem Fall kann es dann zu einer doppelten Zug-um-Zug-Verurteilung kommen.
dd) Bedenkenanzeige
Rz. 126
Grundsätzlich haftet der Unternehmer für Mängel auch dann, wenn er den Mangel nicht verschuldet hat, etwa weil der Mangel auf einer Anweisung des Bestellers beruht. Die Haftung des Unternehmers für Mängel setzt nur voraus, dass objektiv ein Mangel vorliegt, der im Leistungsbereich des Unternehmers auftritt, unabhängig von der Ursache des Mangels. Dieser Grundsatz erfährt eine Durchbrechung, wenn der Unternehmer Bedenken gegen die Art der Ausführung angezeigt hat oder er keine Bedenken haben musste. Das ist für die VOB/B explizit normiert (§ 13 Abs. 3 VOB/B), gilt aber in gleichem Maße im BGB-Bauvertrag. Bedenken anmelden bedeutet, dass der Unternehmer eindeutig und nachhaltig auf mögliche Nachteile einer bestimmten Ausführungsart hinweist. Beim VOB/B-Vertrag müssen Bedenken schriftlich angezeigt werden (§ 4 Abs. 3 VOB/B), beim BGB-Vertrag reicht auch eine mündliche Anzeige (wenngleich natürlich schon zu Beweiszwecken auch in diesem Fall dringend zu einer schriftlichen Anzeige zu raten ist).
Ohne entsprechenden Bedenkenhinweis kann beispielsweise der Unternehmer, der die Ausführung der Bauleistung ohne die vom Besteller zu stellende erforderliche Detailplanung beginnt, sich nicht auf ein Mitverschulden des Bestellers berufen.
ee) Nachfristsetzung
Rz. 127
Ob die formalen Voraussetzungen für die Geltendmachung der Mängelansprüche vorliegen, ist stets eine der ersten Prüfungsaufgaben für den Anwalt des Unternehmers. Liegen die formalen Voraussetzungen nicht vor, fehlt insbesondere die Fristsetzung zur Nacherfüllung, muss der Anwalt des Unternehmers prüfen, ob er – wie im Schriftsatzmuster (siehe oben Rdn 114) – das Vorliegen von Mängeln bestreitet. Ein Bestreiten des Vorliegens von Mängeln im Prozess kann je nach den weiteren Umständen des Einzelfalls als Verweigerung der Nacherfüllung gewertet werden. Dem Besteller obliegt es dann nicht mehr, die Nacherfüllung noch zuzulassen, er kann direkt sekundäre Mängelrechte geltend machen. Das wiederum kann den Unternehmer teurer kommen als eine von ihm selbst durchgeführte Nacherfüllung.