Rz. 102

Die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels trägt bis zur Abnahme der Unternehmer, danach der Besteller.[106] Ist die Abnahme erfolgt oder ihr Vorliegen streitig und somit der Besteller zumindest potenziell in der Beweispflicht, kann er sich in einer Zwickmühle befinden:

Aus Beweisgründen wäre es oft sinnvoll, den Mangel bis zum Abschluss eines Gerichtsverfahrens nicht zu beseitigen, da sonst der Nachweis der Mangelhaftigkeit erschwert, schlimmstenfalls ganz vereitelt werden kann.

Andererseits gibt es Mängel, die der Besteller nicht über Jahre hinweg alleine zur Beweissicherung "vorhalten" möchte; häufig kann er dies auch nicht, gerade wenn es sich um sicherheitsrelevante Mängel handelt. Auch kann der Besteller schon aufgrund seiner Schadensminderungspflicht gehalten sein, zur Vermeidung von Folgeschäden oder einer Schadensausweitung zeitnah zur Beseitigung eines Mangels zu schreiten.

In diesen Fällen ist es unabdingbar, dass rechtzeitig Beweise gesichert werden. Bestandteil einer solchen Beweissicherung sollte stets ein Privatgutachten sein, das den Status Quo aussagekräftig festhält. Soweit dies möglich ist, sollten zudem schadhafte Bauteile für eine spätere Begutachtung durch einen Gerichtssachverständigen gesichert werden. Darüber hinaus sollte der Unternehmer, der die Ersatzvornahme durchführt, darauf hingewiesen werden, dass er seine Arbeiten ordnungsgemäß dokumentiert. Er kann in einem späteren Prozess auch als Zeuge in Betracht kommen. Ergänzend kommen auch Foto- oder Videodokumentationen in Betracht.[107]

Gerade, wenn durch eine Ersatzvornahme des Bestellers bestimmte Beweise dauerhaft verändert oder vernichtet werden, sollte dieser dem Unternehmer vorab nachweislich Gelegenheit zur Nacherfüllung oder wenigstens Dokumentation des Status Quo (idealerweise mittels gemeinsamen Vor-Ort-Termins) geben.[108] Auch das Recht des Unternehmers auf Zustandsfeststellung gem. § 650g BGB ist in diesem Zusammenhang zu beachten.

[107] Nicht ausschließlich, wie OLG Frankfurt v. 29.3.2006 – 4 U 136/04 – IBR 2007, 1084 zeigt.
[108] Vgl. OLG Düsseldorf v. 11.10.2013 – I-22 U 81/13 – NJW 2014, 1115: Beweisvereitelung durch unberechtigte Ersatzvornahme.

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