Rz. 8
Liegt ein Mangel vor, stehen dem Besteller die Mängelrechte des § 634 BGB zu:
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Nacherfüllung |
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Selbstvornahme |
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Rücktritt bzw. Minderung |
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Schadens- bzw. Aufwendungsersatz |
1. Verhältnis der Mängelrechte zueinander
Rz. 9
Primärer Mangelanspruch ist die Nacherfüllung. Zunächst kann der Besteller im Regelfall nur Nacherfüllung verlangen (ggf. zusätzlich Schadensersatz neben der Leistung, z.B. für bereits eingetretene Mangelfolgeschäden wie Produktionsausfälle). Erst nach erfolglosem Ablauf einer Frist zur Nacherfüllung kann der Besteller die "sekundären Mängelrechte" (Selbstvornahme, Minderung, Rücktritt) geltend machen. Die sekundären Mängelrechte stehen untereinander in einem Alternativverhältnis.
Schadens- bzw. Aufwendungsersatz kann der Besteller im Grundsatz auch noch zusätzlich geltend machen (§ 325 BGB).
Rz. 10
Auch nach Fristablauf kann der Besteller statt der Sekundärrechte weiter Nacherfüllung verlangen. Erst wenn der Besteller den Rücktritt oder die Minderung erklärt, oder wenn er Schadensersatz statt der Leistung geltend macht, ist sein Nacherfüllungsanspruch ausgeschlossen. Allerdings kann der Besteller, der Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes verlangt hat, weiterhin eine Selbstvornahme zur Beseitigung des Mangels durchführen und hierfür auch Vorschuss verlangen.
Führt der Besteller die Selbstvornahme durch, kann er umgekehrt nicht mehr Minderung, Rücktritt oder großen Schadensersatz geltend machen.
2. Verhältnis der Mängelrechte zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht
Rz. 11
Auch auf den Werkvertrag sind während des Erfüllungsstadiums zunächst die Regeln des allgemeinen Leistungsstörungsrechts anwendbar. Zäsur ist die Abnahme, § 640 BGB. Mängelrechte kann der Besteller grundsätzlich erst nach Abnahme geltend machen; ausnahmsweise gilt das dann nicht, wenn das Vertragsverhältnis bereits in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Mit Abnahme wird das allgemeine Leistungsstörungsrecht von den §§ 634 ff. BGB verdrängt, die dann eine abschließende Sonderregelung darstellen. Diese Rechtslage gilt grundsätzlich auch unter der VOB/B, da § 4 Abs. 7 VOB/B, der eine Sonderregelung für Mängel vor Abnahme enthält, bei isolierter Inhaltskontrolle unwirksam ist und damit in der Regel keine Anwendung finden wird.
3. Nacherfüllung
Rz. 12
Die Nacherfüllung ist die "zweite Chance" für den schlechtleistenden Unternehmer. Er ist als der Hersteller des Werks der Sachnächste und derjenige, der grundsätzlich die schnellste und effizienteste Herbeiführung bzw. Wiederherstellung des Werkerfolgs gewährleistet.
Rz. 13
Nacherfüllung ist auf zwei Arten denkbar, entweder in einer kompletten Neuherstellung des Werkes oder in einer bloßen Mängelbeseitigung. Grundsätzlich ist es Sache des Unternehmers, zu entscheiden, welche Art der Nacherfüllung er ergreift und auf welche Weise er den Werkerfolg herbeiführt. Deswegen trägt der Unternehmer auch das Risiko der Nacherfüllung. Die Nacherfüllung muss allerdings eine fachgerechte und nachhaltige Beseitigung des Mangels gewährleisten.
Der Besteller hat in aller Regel keinen Anspruch auf eine bestimmte Art der Nacherfüllung. Anders kann dies nur dann sein, wenn objektiv nur eine einzige Art der Nacherfüllung geeignet ist, um den Werkerfolg herbeizuführen. In diesem Fall konkretisiert sich die Nacherfüllungspflicht des Unternehmers auf diese spezifische Art der Nacherfüllung.
Das Wahlrecht des Unternehmers gilt entsprechend § 242 BGB auch dann nicht, wenn er eine völlig unzureichende Nacherfüllung plant bzw. eine solche versuchen will, bei der von Anfang an absehbar ist, dass keine vollständige, nachhaltige und den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Mängelbeseitigung erreicht wird. Die Qualität des geeigneten Nachbesserungsversuchs wird anhand objektiver Maßstäbe beurteilt. Es kommt nicht darauf an, welche Erkenntnisse der Werkunternehmer zum Zeitpunkt der Abgabe des entsprechenden Nachbesserungsversuchsangebots hatte.
Rz. 14
Der Unternehmer hat sämtliche für die Nacherfüllung anfallenden Kosten zu tragen, § 635 Abs. 2 BGB. Im Verhältnis zu seinem Besteller hat der Unternehmer seit je u.a. auch sämtliche erforderlichen Aus- und Einbaukosten für den Austausch mangelhafter Bauteile zu tragen. § 439 Abs. 3 BGB gibt den Unternehmer für die erforderlichen Ein- und Ausbaukosten zudem einen gesetzlichen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegenüber dem Lieferanten.
Rz. 15
Der Unternehmer muss nicht nacherfüllen, wenn die Nacherfüllung unmöglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB), wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert (§ 275 Abs. 2 BGB), ihm die persönliche Leistungserbringung nicht zugemutet werden kann (§ 275 Abs. 3 BGB) oder wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 63...