Rz. 115
Der Gerichtsvollzieher kann die zuständige Polizeidienststelle um Auskunft ersuchen, ob nach polizeilicher Einschätzung bei einer durchzuführenden Vollstreckungshandlung eine Gefahr für Leib oder Leben des Gerichtsvollziehers oder einer weiteren an der Vollstreckungshandlung beteiligten Person besteht, § 757a ZPO. Die Vorschrift § 757a ZPO (in Kraft ab dem 1.1.2022) wurde mit dem Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes eingeführt. Diese Neuregelung ist der Tatsache geschuldet, dass Gerichtsvollzieher in der Vergangenheit bei der Durchführung von Vollstreckungshandlungen wiederholt von Schuldnern oder von dritten Personen körperlich angegriffen und erheblich – zum Teil sogar tödlich – verletzt wurden. Dabei hat sich gezeigt, dass zwar in vielen Fällen im Vorfeld der Vollstreckungshandlung polizeiliche Erkenntnisse über eine bestehende Gefahr vorgelegen haben, Gerichtsvollzieher hierüber jedoch nicht informiert waren. Das Ziel des Gesetzes ist, dieses Informationsdefizit zu reduzieren und dadurch den Gerichtsvollziehern eine bessere Einschätzung zu ermöglichen, ob polizeiliche Unterstützung bei der Vornahme einer Vollstreckungshandlung erforderlich ist. Gleichzeitig sollen die rechtlichen Möglichkeiten für Gerichtsvollzieher, um polizeiliche Unterstützung nachzusuchen, erweitert werden.
Rz. 116
Allerdings ist der Gerichtsvollzieher bei Widerstand schon immer berechtigt gewesen, auch Gewalt anzuwenden und zu diesem Zweck um Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen, § 753 Abs. 3 ZPO. Insoweit erweitert § 757a ZPO die Möglichkeit der polizeilichen Unterstützung bereits im Vorfeld einer Vollstreckungshandlung, da § 758a Abs. 3 ZPO voraussetzt, dass der Gerichtsvollzieher tatsächlich erst auf Widerstand bei der Vollstreckung stoßen muss. Nach § 757a Abs. 1 ZPO kann der Gerichtsvollzieher die zuständige Polizeidienststelle bereits dann um Auskunft ersuchen, ob nach polizeilicher Einschätzung bei einer durchzuführenden Vollstreckungshandlung, also wenn diese bevorsteht, eine Gefahr für Leib oder Leben des Gerichtsvollziehers oder einer weiteren an der Vollstreckungshandlung beteiligten Person besteht (z.B. der Schuldner hat einen Waffenschein oder ist als Waffenbesitzer bekannt oder hält einen sog. Kampfhund). Die Gefahr muss für den Gerichtsvollzieher (oder beteiligte Personen, z.B. Mitarbeiter eines beauftragten Schlüsseldienstes) bestehen. Die Angaben, die benötigt werden für ein solches Auskunftsersuchen, ergeben sich im Einzelnen aus § 757a Abs. 2 ZPO. Ergeben sich Gefahrenquellen, kann der Gerichtsvollzieher ein entsprechendes Unterstützungsersuchen stellen; dies kann er mit dem Auskunftsersuchen auch direkt verbinden, § 757a Abs. 3 ZPO.
Rz. 117
Nach § 757a Abs. 4 ZPO kann der Gerichtsvollzieher auch ohne ein vorheriges Auskunftsersuchen direkt ein Unterstützungsersuchen stellen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für das Bestehen einer Gefahr vorliegen oder sich die Gefahr aus der Art der Vollstreckungshandlung ergibt. Die Praxis der Vergangenheit zeigt, dass diese Gefahr vor allem bei Zwangsräumungen, Durchsuchung von Wohnräumen aufgrund einer richterlichen Anordnung oder einer Verhaftung, aber auch bei der Sperrung von Energieversorgungseinrichtungen besteht.
Rz. 118
Nach § 757a Abs. 5 ZPO setzt der Gerichtsvollzieher über die Durchführung eines Auskunfts- oder eines Unterstützungsersuchens den Schuldner oder, sofern Daten einer dritten Person übermittelt worden sind, die dritte Person unverzüglich nach Erledigung des Vollstreckungsauftrags in Kenntnis.