Rz. 186
Papiere, die nur eine Forderung beweisen, aber nicht Träger des Rechts selbst sind, z.B.:
▪ |
Sparbuch, |
▪ |
Versicherungsschein, |
▪ |
Hypotheken- oder Grundschuldbrief, |
▪ |
Schuldbuch (Wertpapierabrechnung von Kreditinstituten zwecks Übertragung an die Bundesschuldenverwaltung) oder sonstige Hinweispapiere auf Schuldbuchforderungen, |
▪ |
Flugschein |
sind nicht Wertpapiere und können deshalb auch nicht nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in bewegliche körperliche Sachen gepfändet werden, also nicht nach § 831 ZPO.
Rz. 187
Der Schuldner ist erst verpflichtet, die ihm über eine Forderung vorhandenen Urkunden an den Gerichtsvollzieher herauszugeben, wenn ein rechtswirksamer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorgelegt wird, § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO. Die Herausgabe kann auch im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden, § 836 Abs. 3 S. 5 ZPO.
Rz. 188
Der Gerichtsvollzieher kann diese Papiere jedoch vorläufig in Besitz nehmen, im Wege der Hilfspfändung. Hierüber muss er den Gläubiger unverzüglich unterrichten und die den Papieren zugrunde liegende Forderung genau bezeichnen. Diese sind dem Schuldner zurückzugeben, wenn der Gläubiger nicht spätestens binnen eines Monats den entsprechenden Pfändungsbeschluss über die Forderung vorlegt, § 106 GVGA.
Rz. 189
Im Wege der Hilfsvollstreckung ist der Schuldner aber auch verpflichtet, andere notwendige Urkunden oder Papiere herauszugeben, die für die Durchsetzung oder zur Prüfung der gepfändeten Forderung benötigt werden. Bei den herauszugebenden Urkunden handelt es sich um alle über die Forderung vorhandenen und für eine eventuelle Drittschuldnerklage erforderlichen Beweismittel (Versicherungsschein, Beweisurkunde, Leistungsbescheid, Sparbuch, Versicherungspolice, Mietverträge, Quittungen etc.). Auf Antrag des Gläubigers ist anzuordnen, dass der Schuldner eine Kopie der Abtretungsurkunde herauszugeben hat, worin der Schuldner die gepfändeten Ansprüche an einen Dritten abgetreten hat. Gleiches gilt für die Anordnung der Herausgabe von Unterlagen über vorrangige Pfändungen oder auch bei Pfändung von Rentenansprüchen für die Leistungsbescheide der Drittschuldnerin.
Neben der Erklärungspflicht des Drittschuldners gem. § 840 ZPO ist der Herausgabeanspruch nach § 836 Abs. 3 ZPO gegenüber dem Schuldner für den Gläubiger eine der wenigen Möglichkeiten, wertvolle Informationen zur Geltendmachung und Durchsetzung des gepfändeten Anspruchs zu erreichen. Hiervon sollte der Gläubiger in der Praxis viel mehr Gebrauch machen. Die Anordnung nach § 836 Abs. 3 ZPO kann aber nur gegenüber dem Schuldner und nicht auch gegenüber dem Drittschuldner in titelgleicher Wirkung ergehen. Die Vorschrift dient insoweit einzig zur Vorbereitung der Durchsetzung von Maßnahmen gegenüber einem Drittschuldner, indem der Schuldner alle bei ihm vorhandenen Unterlagen herauszugeben hat. Nur gegenüber dem Schuldner kann erforderlichenfalls die in § 836 Abs. 3 S. 5 ZPO vorgesehene Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss heraus erfolgen. Gegenüber einem nicht zur freiwilligen Herausgabe von in seinem Besitz befindlichen Urkunden bereiten Drittschuldner kann der Gläubiger seinerseits Klage auf Herausgabe erheben. Erst das so gegen den Drittschuldner erlangte Urteil stellt dann den für die Vollstreckung notwendigen Titel gegen den Drittschuldner dar.
Rz. 190
Einige Beispiele aus der Rechtsprechung:
▪ |
Werden Rentenansprüche des Schuldners gepfändet, darf mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch der Anspruch des Schuldners auf Herausgabe der jeweils gültigen Rentenbescheide und Rentenmitteilungen als Nebenrecht gepfändet werden. Die Pfändung umfasst auch etwaige Rechnungs- und Auskunftsansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner. Rentenbescheide und Rentenmitteilungen dienen zur Ermittlung oder zum Nachweis der Forderungshöhe. Es genügt die Herausgabe von Kopien an den Gläubiger. |
▪ |
Der Schuldner ist verpflichtet einen Leistungsbescheid des Arbeitsamts herauszugeben. Abzulehnen ist in jedem Fall die Auffassung des LG Hannover, welches regelmäßig keinen Anspruch des Gläubigers auf Herausgabe der Leistungsbescheide des Arbeitsamtes über Unterhalts- bzw. Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bejaht hat. |
▪ |
Im Rahmen der Pfändung des Arbeitseinkommens sind an den Gläubiger auch die weiteren bei dem Drittschuldner vorhandenen vorrangigen Pfändungsbeschlüsse bzgl. des Arbeitseinkommens des Schuldners herauszugeben. |
▪ |
Die Verpflichtung des Schuldners, die über die gepfändete Forderung vorhandenen Urkunden an den Gläubiger herauszugeben, erstreckt sich auch auf die Urkunde über eine vom Schuldner vorgenommene Lohnabtretung. |
▪ |
Bei der Pfändung eines Anspruchs auf Lohnzahlung stellt der Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung einen unselbstständigen Nebenanspruch dar, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf Lohnzahlung geltend machen zu können. Wenn nicht ausgeschlossen ist, da... |