1. Zuständigkeit
Rz. 264
Die Verwertung gepfändeter Sachen geschieht in der Regel durch Versteigerung (§ 814 ZPO; vgl. auch §§ 91 ff. GVGA). Sie darf nur erfolgen, wenn die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gegeben sind, eine wirksame Verstrickung (noch) vorliegt und keine Vollstreckungshindernisse bestehen.
Rz. 265
Zuständig ist stets der Gerichtsvollzieher. Wurde dieselbe Sache aufgrund einer Vollstreckung gegen denselben Schuldner für mehrere Gläubiger gepfändet, ist derjenige Gerichtsvollzieher zuständig, der die erste Pfändung bewirkt hat (§ 827 Abs. 1 ZPO). Der Gerichtsvollzieher wird dabei hoheitlich und nicht als Vertreter/Beauftragter des Gläubigers tätig.
2. Geld
Rz. 266
Gepfändetes Geld ist nach Abzug der Kosten der Zwangsvollstreckung vom Gerichtsvollzieher dem Gläubiger abzuliefern, § 815 Abs. 1 ZPO. Geld sind gültige deutsche Zahlungsmittel; ferner solche gültigen deutschen Wertzeichen, die vom Gerichtsvollzieher ohne gerichtliche Anordnung in Geld umgewechselt werden können, wie etwa Briefmarken, Stempel-, Kosten- oder Versicherungsmarken. Kryptowerte sind keine Zahlungsmittel. Ausländische Zahlungsmittel sind gemäß § 821 ZPO vom Gerichtsvollzieher zum Tageskurs freihändig in inländische Währung umzutauschen. Ausnahme: Der Titel lautet auf ausländische Währung. Es gehört zu den Amtspflichten eines Gerichtsvollziehers, vorgefundenes Geld wie Kostbarkeiten im Sinne von ZPO § 813 Abs. 1 S. 2 ZPO zu behandeln, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Marktwert des gepfändeten Geldes nicht unerheblich über seinem Nennwert liegt. Deswegen ist bei der Pfändung von Geldrollen besondere Vorsicht geboten, falls es sich hierbei um eine wertvolle Münzsammlung handeln kann.
Rz. 267
Ablieferung bedeutet Übereignung kraft staatlichen Hoheitsaktes. Die §§ 929 bis 936 BGB finden somit keine Anwendung. Der Gläubiger wird daher auch dann Eigentümer des Geldes, wenn dieses nicht dem Schuldner gehörte. Die Ablieferung kann in der Weise erfolgen, dass das Geld dem Gläubiger direkt übergeben wird, aber auch durch Überweisung auf ein Konto des Gläubigers, durch Verrechnungsscheck oder Postanweisung. Für eine Empfangnahme durch einen Bevollmächtigten ist eine besondere Geldempfangsvollmacht erforderlich, die im Original vorzulegen ist; die Prozessvollmacht genügt insoweit nur für die Prozesskosten (§ 81 ZPO), vgl. § 60 Abs. 1 S. 7 GVGA.
Rz. 268
Ausnahmsweise ist gepfändetes Geld jedoch zu hinterlegen. Dies ist der Fall, wenn dem Gerichtsvollzieher durch einen Dritten oder den Schuldner gemäß § 294 ZPO glaubhaft gemacht wird, dass an dem gepfändeten Geld ein die Veräußerung hinderndes Recht eines Dritten besteht (§ 771 ZPO, z.B. Eigentum). Entsprechendes gilt bei der Geltendmachung von Pfand- oder Vorzugsrechten gemäß § 805 ZPO sowie bei Klagen gemäß §§ 781, 785, 786 ZPO. Grund hierfür ist, dass mit der Ablieferung des Geldes an den Gläubiger die Zwangsvollstreckung beendet ist, entsprechende Klagen daher unzulässig wären.
Rz. 269
Die Hinterlegung erfolgt nach den länderrechtlichen Hinterlegungsgesetzen, im Hinblick auf § 815 Abs. 2 S. 2 ZPO unter dem Vorbehalt der Rücknahme. Wird nicht innerhalb von zwei Wochen seit dem Tage der Pfändung dem Gerichtsvollzieher die Entscheidung des zuständigen Prozessgerichts über die Einstellung der Zwangsvollstreckung vorgelegt, ist die Vollstreckung fortzusetzen. Der Gerichtsvollzieher lässt sich dann das Geld von der Hinterlegungsstelle auszahlen und liefert es dem Gläubiger ab. Wird zwar verfristet, aber noch vor Ablieferung des Geldes an den Gläubiger dem Gerichtsvollzieher der Einstellungsbeschluss vorgelegt, bleibt das Geld hinterlegt bzw. wird wieder neu hinterlegt.
Rz. 270
Hinterlegung erfolgt auch im Falle eines gemäß §§ 711 S. 1, 712 Abs. 1 S. 2 ZPO nur gegen Sicherheitsleistung des Gläubigers vorläufig vollstreckbaren Urteils, soweit der Gläubiger die Sicherheit noch nicht geleistet hat; ferner bei der Sicherungsvollstreckung (§ 720a ZPO), der Arrestvollziehung (§ 930 Abs. 2 ZPO) sowie der Mehrfachpfändung (§ 827 Abs. 2 und 3 ZPO).
Rz. 271
Gemäß § 815 Abs. 3 ZPO gilt die Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher als Zahlung seitens des Schuldners, sofern nicht Hinterlegung zu erfolgen hat. Diese Bestimmung enthält lediglich eine Gefahrtragungsregelung. Sie besagt, dass der Schuldner nicht nochmals an den Gläubiger zahlen muss, selbst wenn dieser nicht Eigentümer des Geldes wird, z.B. weil der Gerichtsvollzieher das Geld verliert, es ihm gestohlen oder von ihm unterschlagen wird. Der Titel ist in Höhe der fingierten Zahlung endgültig verbraucht. Dies ist auf dem Titel zu vermerken, im Übrigen ist gemäß § 757 ZPO zu verfahren.
Rz. 272
§ 815 Abs. 3 ZPO gilt nicht bei der Wegnahme schuldnerfremden Geldes, weil der Schuldner nur vor nochmaliger Leistung aus seinem Vermögen ...