Rz. 88
Auf der Grundlage von § 758a Abs. 6 (und § 829 Abs. 4 ZPO) hat das Bundesministerium für Justiz ein Formular für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung eingeführt (Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung – ZVFV vom 23.8.2012, geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 16.6.2014). Dieses Formular wurde ab dem 1.3.2013 verbindlich. Mittlerweile gilt die bisherige Formular-Verordnung nicht mehr, nach § 1 Abs. 2 ZVFV n.F. hat der Verordnungsgeber für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Anordnung und einer Vollstreckung zur Unzeit nach § 758a ZPO ein einheitliches Formular eingeführt. Dieses ist verbindlich, §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 2 ZVFV.
Rz. 89
Der Formularzwang nach § 758a Abs. 6 ZPO i.V.m. §§ 1, 2 ZVFV soll aber nicht für Anträge auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach § 287 Abs. 4 AO gelten.
Rz. 90
Für die richterliche Durchsuchungsanordnung muss ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen. Die Durchsuchungsanordnung muss für eine erfolgversprechende Zwangsvollstreckung erforderlich sein. Sie muss Rahmen, Grenzen und Ziel definieren. Dies ist immer dann zu bejahen, wenn der Schuldner oder bei seiner Abwesenheit eine in häuslicher Gemeinschaft mit ihm lebende Person die Durchsuchung ohne Grund verweigert hat. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht auch dann noch, wenn seit der Feststellung des Gerichtsvollziehers, dass der Schuldner einer Durchsuchung seiner Wohnung widerspreche, schon zehn Monate vergangen sind. Liegt die letzte erfolglose Mobiliarvollstreckung über 16 Monate und die Abgabe der Vermögensauskunft fast drei Jahre zurück, ist die Anordnung der Wohnungsdurchsuchung bei einem erneuten Vollstreckungsversuch nicht unverhältnismäßig.
Rz. 91
Ein einmaliger Vollstreckungsversuch des Gerichtsvollziehers bei dem Schuldner, der zu dieser Zeit nicht angetroffen wird, entspricht nicht den Voraussetzungen des Anordnungsbeschlusses. Erst recht gilt dies dann nicht, wenn der mehrfach nicht angetroffene Schuldner auf die schriftliche Aufforderung des Gerichtsvollziehers mit Androhung der Wohnungsöffnung nicht reagiert hat. Auch die nicht näher substantiierte Mitteilung des Gerichtsvollziehers, der ihm bekannte Schuldner habe die Wohnung bisher nie freiwillig geöffnet, begründet nicht die Notwendigkeit einer Durchsuchungsanordnung.
Rz. 92
Eine richterliche Durchsuchungsanordnung darf nur ergehen, wenn der Schuldner nach Zustellung des Titels der Durchsuchung widersprochen hat oder wiederholte erfolglose Vollstreckungsversuche den Schluss zulassen, dass der Schuldner den Zutritt zu seiner Wohnung verweigert. Einer Weigerung des Schuldners, der Durchsuchung seiner Wohnung zuzustimmen, steht es regelmäßig gleich, wenn der Gerichtsvollzieher mindestens zweimal erfolglos versucht hat, Zutritt zu der Wohnung zu erlangen, einmal davon in einer Zeit, in der sich auch Berufstätige zu Hause aufhalten. Ein Rechtsschutzbedürfnis kann nur angenommen werden, wenn der Schuldner vom Gerichtsvollzieher wiederholt nicht angetroffen wurde, wobei einer der Versuche außerhalb der normalen Arbeitszeit liegen soll. Die zwangsweise Öffnung der Wohnung kommt nur dann in Betracht, wenn dem Schuldner zuvor angedroht wurde, dass bei dessen erneuter Abwesenheit an einem von dem Gerichtsvollzieher anberaumten Durchsuchungstermin – der in angemessenem zeitlichem Vorlauf und einer Zeit anberaumt werden sollte, in der mit der Anwesenheit des Schuldners gerechnet werden kann – die Wohnung auch zwangsweise geöffnet werden kann.
Rz. 93
Ausreichend ist auch, wenn der Gerichtsvollzieher beim ersten Vollstreckungsversuch eine Nachricht hinterlässt mit der Bitte, sich mit ihm wegen eines anderen Termins in Verbindung zu setzen, verbunden mit dem Hinweis, dass anderenfalls ein Antrag auf Durchsuchung gestellt werde.
Rz. 94
Hat der Schuldner bereits im Vorfeld der Vollstreckung erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er sich jedweder Vollstreckung ohne richterliche Anordnung widersetzen wird, kann der Beschluss auch ohne konkreten Vollstreckungsversuch erlassen werden.