Rz. 39

Der Durchsicht der im Nachlass aufgefundenen Unterlagen kommt besondere Bedeutung zu. Die gründliche Durchsicht klärt meist den Regelungsbedarf des Falles. Daher ist die Bearbeitung einer Sache besonders erschwert und es ist ein für die spätere Vergütung erhöhender Tatbestand, wenn keine Unterlagen im Nachlass vorhanden sind. Viele Erblasser hatten leider die Angewohnheit, Schriftstücke in Klarsichthüllen zu verwahren oder – noch schlimmer – in den Briefumschlägen zu belassen, in denen sie zugesandt wurden. Dieses kann im Einzelfall eine stundenlange manuelle Arbeit zur Sichtung erfordern. Wenn keine Vertragsunterlagen aufgefunden werden, sollten zumindest Kontoauszüge verfügbar oder beschaffbar sein. Diese geben meist Hinweise auf bestehende Vertragspartner nebst Aktenzeichen (Verwendungszweck).

 

Rz. 40

Dem Mietvertrag ist besondere Beachtung zu schenken. Möglicherweise bestehen spezielle Vereinbarungen. Besonderes Thema hierbei sind (die in der Regel vom Vermieter verlangten) Schönheitsreparaturen sowie die Klärung, ob eine Mietsicherheit hinterlegt ist bzw. Genossenschaftsanteile für die Wohnung bestehen. Durch die gegenwärtige höchstrichterliche Rechtsprechung ist häufig keine oder nur eine teilweise Renovierung der Wohnung geschuldet. Dieses ist unter Würdigung des Mietvertrages, bezogen auf den Einzelfall, zu prüfen.[12]

 

Rz. 41

Wichtig sind ebenso Versicherungsunterlagen wegen der erforderlichen Vertragskündigungen und insbesondere Unterlagen bzw. Versicherungsscheine von Lebensversicherungen. Hier ist es ggf. möglich, die Auszahlung der Lebensversicherung an den Nachlass zu regeln. Es ist zu beachten, dass Lebensversicherungen bereits beitragsfrei gestellt sein können, der Anspruch auf die Leistung aber noch besteht. Dann finden sich keine entsprechenden Buchungen auf den Kontoauszügen oder aktueller Schriftverkehr mit der Versicherung. Sollten sich Hinweise auf Versicherungsunternehmen im Nachlass finden (übersandte Werbebriefe, Visitenkarten von Vertretern, etc.) empfiehlt es sich, bei Versicherungsgesellschaften eine vorsorgliche Nachfrage zu stellen, ob ein Vertragsverhältnis besteht. (Siehe auch § 3 Rdn 668 ff. "Versicherungsverhältnisse".)

[12] Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft, Rn 231 ff.

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