Bernd Clasen, Dr. Falk Schulz
1. Kontoeröffnung durch den Nachlasspfleger
Rz. 51
Zu Beginn der Bearbeitung eines Nachlassfalles ist oft unklar, wie die finanziellen Verhältnisse des Nachlasses sind. Es ist allgemein zu empfehlen, ein gesondertes Konto für den jeweiligen Nachlass neu zu eröffnen. Ein neues Konto bietet Vorteile. So können Abrechnungsguthaben aus Vertragskündigungen auf dieses Konto vereinnahmt werden, ohne dass das Konto möglichen Nachlassgläubigern bekannt ist und diese somit keine Kontopfändungen hierauf veranlassen können. Der Nachlasspfleger eröffnet das Konto auf seinen Namen mit dem Zusatz "wirtschaftlich berechtigt sind die unbekannten Erben des verstorbenen …".
2. Postnachsendeantrag
Rz. 52
Möglichst unverzüglich sollte ein Postnachsendeantrag gestellt werden – auch bei schon länger zurückliegenden Sterbefällen. Damit wird der Briefkasten der Erblasserwohnung entlastet und die aktuelle Post wird an die eigene Büroanschrift weitergesandt. Ferner ist nicht auszuschließen, dass aus den im Nachlass aufgefundenen Unterlagen nicht alle Informationen hervorgegangen sind und dieses über noch eingehende Post zu ersehen ist. Auch werden vielleicht noch Rechnungen eingehen oder offene – nicht aufgefundene – Rechnungen angemahnt. Manchmal kommt auch noch Post von Verwandten Bekannten und gibt Hinweise für die Erbenermittlung. Schließlich können noch Kontoauszüge für bislang nicht bekannte Konten oder Schreiben von Inkassounternehmen eingehen. Außerdem kommen durch die Postnachsendung auch Antwortschreiben von Unternehmen (z.B. gelegentlich Telekom oder Postbank) an, die sich als korrespondenzresistent erweisen und die nicht in der Lage sind, die Büroanschrift des Nachlasspflegers für den weiteren Schriftverkehr zu speichern und unbeirrt noch Wochen und Monate weiter an den Erblasser schreiben. Die Dauer der Postnachsendung ist befristet und kann mit der Post für ein halbes oder ein ganzes Jahr vereinbart werden. Eine Verlängerung darüber hinaus ist möglich und sollte im Einzelfall überlegt werden. Sollte der Erblasser mehrere Wohnungen (Ferienwohnung) oder ein Büro gehabt haben, empfiehlt es sich, für alle bekannten Anschriften einen Nachsendeantrag zu stellen.
3. Wohnungskündigung
Rz. 53
War die Wohnung des Erblassers gemietet und bewohnte er die Wohnung allein, sollte das Mietverhältnis sofort unter Hinweis auf die gesetzliche Frist (diese beträgt drei Monate) gekündigt werden. Hier ist Eile geboten, da – ab Kenntnis von dem Bestehen des Mietverhältnisses – nur die Frist von einem Monat besteht, die Kündigung auszusprechen und in den Genuss der dreimonatigen gesetzlichen Frist zu kommen.
Rz. 54
Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum übernächsten Monat zulässig. Dem Vermieter sollte vorgeschlagen werden – soweit Räumung und evtl. geschuldete Schönheitsreparaturen schneller erledigt werden können – das Vertragsverhältnis vorzeitig zu beenden und ihm die Wohnung schnellstmöglich für die Weitervermietung zu überlassen. Hier können gegebenenfalls Kosten für den Nachlass eingespart werden.
Rz. 55
Im Zusammenhang mit der gemieteten Wohnung bestehende Vertragsverhältnisse sollten umgehend beendet werden. Hierzu gehören beispielsweise Telefonanschlüsse, Internet, Kabelanschluss, Hausratversicherung, Versorgungsunternehmen (Wasser, Gas, Strom), etc. Hierdurch können weitere Kosten für den Nachlass vermieden und ggf. Abrechnungsguthaben für den Nachlass vereinnahmt werden. Es empfiehlt sich, in der Wohnung vorhandene Zählerstände zu notieren und den Versorgern bei Vertragskündigung mitzuteilen.
Rz. 56
Hatte der Erblasser auch eine Garage oder einen Stellplatz angemietet, ist auch hier die Kündigung auszusprechen. Nicht immer ist der Vermieter der Wohnung identisch mit dem Vermieter des Stellplatzes oder der Garage. Häufig bestehen für Garagen/Stellplätze Wartelisten von Mietinteressenten, so dass es möglich ist, die Garage/den Stellplatz vorzeitig zurückzugeben.
4. Immobilien
Rz. 57
Hat der Erblasser in einer Wohnung oder einem Haus gelebt, dessen Eigentümer er war, besteht besonderer Regelungsbedarf. Es ist zu prüfen, ob für das Objekt eine Gebäudeversicherung besteht und die Versicherungsprämien bezahlt sind. Gleiches gilt für eine Hausratversicherung, da selbstgenutzte Wohnungen/Häuser in der Regel vor Ermittlung der Erben nicht geräumt werden und der dort befindliche Hausrat versichert sein sollte. Für den Fall, dass sich wertvoller Hausrat in dem Objekt befindet sollte geprüft werden, ob bestehender Versicherungsschutz ausreicht oder eine Erhöhung der Versicherungssumme erforderlich ist.
Rz. 58
Der Leerstand eines Gebäudes stellt für die Gebäude- und Hausratversicherung eine Risikoerhöhung dar. Daher ist der Leerstand unverzüglich anzuzeigen. Infolgedessen wird der Versicherer eine höhere Prämie berechnen und einen Nachtrag zum Versicherungsschein erstellen. Nicht alle Versicherer sind bereit, das Vertragsverhältnis bei Leerstand fortzusetzen und kündigen den Vertrag infolgedessen. Dann ist unverzüglich geboten, einen neuen Versicherer zu suchen und zumindest die Risiken Feuer und Sturm zu versichern. ...