Rz. 274
In diesem neueren Urt. v. 23.3.2004 – VI ZR 160/03 hatte sich der BGH mit dem Verhältnis der Haftungsprivilegien bei so genannten Helferfällen, in denen die Zuordnung von Tätigkeiten zu mehreren Unternehmen in Betracht kommt, zu befassen. Bei § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII ist der auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätige Unternehmer nur dann privilegiert, wenn er selbst Versicherter ist. Ist er dies nicht über eine (freiwillige) Versicherung in seinem Unternehmen, stellt sich die Frage, ob man ihm – wie es das Berufungsgericht getan hatte – die Versicherteneigenschaft für die Anwendung des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII über eine Hilfstätigkeit für das fremde Unternehmen verschaffen kann.
Rz. 275
Die Annahme des Berufungsgerichts, dem Beklagten komme das Haftungsprivileg des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII zugute, erwies sich jedoch unter zwei Gesichtspunkten als rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht war zum einen auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zu Unrecht davon ausgegangen, der Beklagte habe im Zeitpunkt der Schädigung gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, weil er wie ein Beschäftigter der U. Bau GmbH tätig geworden sei. Selbst wenn sich diese Beurteilung jedoch als zutreffend erwiesen hätte, ergäbe sich eine Haftungsprivilegierung des Beklagten nicht aus § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII, sondern unmittelbar aus § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII.
Rz. 276
Zutreffend war das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass sich der Unfall, aus dem der Kläger seine Ansprüche herleitete, auf einer gemeinsamen Betriebsstätte i.S.d. § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII ereignet hatte.
Rz. 277
Das Berufungsgericht hatte darüber hinaus zutreffend angenommen, dass die Haftungsfreistellung des Beklagten nicht an seiner Rechtsstellung als Mitunternehmer des von der G. GbR betriebenen Vermietungsunternehmens scheitert. Zwar erstreckt sich das Haftungsprivileg des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII grundsätzlich nicht auf den Unternehmer. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn er, wie im vorliegenden Fall, selbst eine vorübergehende betriebliche Tätigkeit auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichtet und dabei den Versicherten eines anderen Unternehmens verletzt.
Rz. 278
Im Ansatz zutreffend war das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Haftungsprivilegierung dem Schädiger nur dann zugute kommt, wenn er im Zeitpunkt der Schädigung selbst Versicherter der gesetzlichen Unfallversicherung war. Diese Voraussetzung hatte das Berufungsgericht im Streitfall jedoch rechtsfehlerhaft bejaht. Die Revision beanstandete mit Erfolg die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, wonach auch derjenige gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe, dessen Tätigkeit im gleichen Maße dem eigenen wie auch dem fremden Unternehmen zu dienen bestimmt sei.
Rz. 279
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und des BSG zu dem bis zum Inkrafttreten des § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII insoweit maßgeblichen § 539 Abs. 2 RVO genügte eine gleichermaßen eigen- wie fremdbezogene Handlungstendenz nicht, um eine Tätigkeit dem Versicherungsschutz des § 539 Abs. 2 i.V.m. § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO zu unterstellen. Da der Handelnde unter den Voraussetzungen des § 539 Abs. 2 RVO an dem für die Angehörigen des fremden Unternehmens geschaffenen Versicherungsschutz wie ein Arbeitnehmer des fremden Unternehmens teilnahm, war es vielmehr erforderlich, dass seine Tätigkeit diesem Unternehmen zuzuordnen war. Sie musste der Sache nach für dieses Unternehmen und nicht für sein eigenes bzw. seinen Stammbetrieb geleistet worden sein. Denn nur dann war es nach den allgemeinen Grundgedanken der Sozialversicherung gerechtfertigt, den Versicherungsträger des fremden Unternehmens mit dem Risiko dieser Tätigkeit zu belasten. Eine Tätigkeit, die der Betroffene für sein eigenes Unternehmen erbrachte, löste den Versicherungsschutz in dem für ihn fremden Unternehmen deshalb auch dann nicht aus, wenn sie diesem nützlich war.
Rz. 280
Für die unfallversicherungsrechtliche Zuordnung der Tätigkeit kam es darauf an, ob ihr Aufgaben des fremden oder solche des eigenen Unternehmens das Gepräge gegeben hatten. Dies war unter wertender Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen Aufgabenverteilung, zu beurteilen. Hatte der Tätige Aufgaben wahrgenommen, die sowohl in den Aufgabenbereich seines Unternehmens als auch in denjenigen des fremden Unternehmens fielen, so war in der Regel davon auszugehen, dass er allein zur Förderung der Interessen seines Unternehmens tätig geworden war, so dass ein Versicherungsschutz im fremden Unternehmen nicht herbeigeführt wurde; erst wenn seine Tätigkeit nicht mehr als Wahrnehmung einer Aufgabe seines Unternehmens bewertet werden konnte, stellte sich die Frage nach einer Zuordnung seiner Tätigkeit zum fremden Unternehmen. Dabei kam dem Schädiger die Haftungsfreistellung des § 637 Abs. 1 RVO nur zugute, wenn er als "Betriebsangehöriger" in den Un...