Rz. 12
Für solche Inhalte, die keine Immaterialrechtsgüter darstellen, fehlt es zwar an einer § 28 UrhG oder den für die sonstigen Immaterialrechtsgüter einschlägigen vergleichbaren gesetzlichen Regelung, die den Übergang der Berechtigung an den Inhalten auf die Erben ausdrücklich anordnet. Das ist aber, wie soeben gesehen, auch nicht erforderlich. Denn die Regelungen sind rein deklaratorisch. Die Rechtsnachfolge resultiert unmittelbar aus § 1922 Abs. 1 BGB in Bezug auf alle Rechte, die der Erblasser an den Inhalten hatte. Zwar existiert kein spezielles gesetzliches System, das die Zuordnung von Inhalten und Informationen[9] zu einer bestimmten Person zu deren Lebzeiten abschließend regelt. Es existiert insoweit allenfalls ein "Flickenteppich"[10] von gesetzlichen Regelungen (vgl. § 1 Rdn 39). An das Eigentum am Datenträger kann in Bezug auf Rechte an den Inhalten nicht angeknüpft werden.[11] Dieser Befund bedeutet allerdings nicht, dass wir keine Aussagen über das Schicksal der Berechtigung an Inhalten im Erbfall machen können.
a) Herausgabeansprüche nach § 667 BGB
Rz. 13
Eine Berechtigung an Inhalten kann bspw. aus einem Auftragsverhältnis folgen[12] und zu Herausgabeansprüchen aus § 667 BGB führen. Dies zeigt etwa die BGH-Entscheidung zum Anspruch Helmut Kohls gegen den von ihm beauftragten Ghostwriter auf Herausgabe von Interviewtonbändern (vgl. § 1 Rdn 33 ff.).[13]
Stirbt der Auftraggeber, geht der Anspruch nach § 667 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben über. Das gilt unabhängig davon, ob das Auftragsverhältnis nach der Auslegungsregel des § 672 BGB fortbesteht oder erlischt.[14] Auf diesem Weg geht dann auch das Recht an den Inhalten auf die Erben über.
b) Inhaberschaft an den Inhalten über das allgemeine Persönlichkeitsrecht
Rz. 14
Erst recht muss dann aber derjenige, der Aufzeichnungen nicht aufgrund eines Auftrags für einen anderen, sondern allein für sich, also "im eigenen Auftrag", angefertigt hat, die Berechtigung am Inhalt dieser Aufzeichnungen haben ("Skripturakt").[15] Diese Berechtigung ist dann ebenfalls Gegenstand der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB.
Rz. 15
Denken wir dazu noch einmal zurück an die Aufzeichnungen des A aus unserem Beispiel: Auch wenn im Einzelfall die notwendige Werkhöhe für einen Urheberschutz nicht erreicht sein sollte oder wenn es sich um Aufzeichnungen handeln sollte, für die ein immaterialgüterrechtlicher Schutz von vornherein nicht in Frage kommt (einfache Notizen etc.), so ist A gleichwohl "Urheber"/"Autor" dieser Notizen. Hat er in fremdem Auftrag gehandelt, kann – je nach vertraglicher Ausgestaltung – der Auftraggeber ein Recht an den gespeicherten Informationen haben (näher § 3 Rdn 20). Hat A die Aufzeichnung allein für sich angefertigt (elektronisches Tagebuch), so hat auch allein er das Recht auf den Zugriff auf dieses Gedankengut. Das folgt zumindest daraus, dass er die Rechte an Speichermedium und folglich auch an den Dateien hat und keine Rechte Dritter ihn einschränken.
Rz. 16
Ein allgemeines Recht an eigens gefertigten Inhalten mag im Einzelfall aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht resultieren. So entscheidet jeder grundsätzlich selbst über die Nutzung der eigenen Persönlichkeit und über Informationen zu den eigenen Lebensumständen.[16]
Können im Einzelfall auf diese Art isolierte Rechte an Inhalten selbst nicht begründet werden, so gilt: Die gespeicherten Inhalte bleiben bei demjenigen, der das Recht zum Zugriff auf die gespeicherten Dateien hat, und gehen auf seine Erben über, soweit nicht Dritte Ausschließlichkeitsrechte an den Inhalten gegen ihn geltend machen können. Letzteres ist in zwei Fällen nicht gegeben: Zum einen dann, wenn der Rechteinhaber an den Dateien auch der Rechteinhaber an den Inhalten ist, und zum anderen, wenn die Inhalte zwar Dritte betreffen, diese aber an den Inhalten keine isolierten Ausschließlichkeitsrechte innehaben.
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