Rz. 102
Das RVG kennt drei verschiedene Gebührenarten:
▪ | Wertgebühren, | ||||
▪ | Rahmengebühren, die unterschieden werden in
|
||||
▪ | Festgebühren. |
1. Wertgebühren
Rz. 103
Bei den Wertgebühren ermittelt sich die konkrete Gebührenhöhe aus dem im VV genannten Verhältnis zur vollen Gebühr (= Gebührensatz) und dessen Anwendung auf den sich nach dem Gegenstandswert aus der Tabelle des § 13 RVG abzulesenden Betrag. Die Wertgebühren werden folglich aus der Tabelle abgelesen und können der Höhe nach vom RA nicht anders bestimmt werden.
Rz. 104
Beispiel jeweils Gegenstandswert 2.500,00 EUR
Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV RVG (1,5) | 301,50 EUR |
Geschäftsgebühr gem. Nrn. 2301, 2300 VV RVG (0,3) | 60,30 EUR |
Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG (1,2) | 241,20 EUR |
2. Rahmengebühren
Rz. 105
Bei den Rahmengebühren gibt der Gesetzgeber einen Rahmen vor, in dem der RA seine Gebühr nach Ermessensgesichtspunkten bestimmt. Zwei Arten von Rahmengebühren sind zu unterscheiden, und zwar Betragsrahmen- und Satzrahmengebühren. Bei einem Betragsrahmen ist ein Mindest- und ein Höchstbetrag festgelegt und bei Satzrahmen ein Mindest- und ein Höchstsatz. Im Forderungsmanagement ist die Geschäftsgebühr als Satzrahmengebühr von zentraler Bedeutung.
Rz. 106
Beispiel
Betragsrahmen = | Grundgebühr in Strafsachen gem. Nr. 4100 VV RVG i.H.v. 40,00 EUR–360,00 EUR |
Satzrahmen = | Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG (0,5–2,5) |
a) Kriterien zur Bestimmung der Höhe bei Rahmengebühren
Rz. 107
Die Kriterien, die der RA für seine Ermessensentscheidung anzuwenden hat, ergeben sich aus § 14 RVG. Danach bestimmt der RA nach billigem Ermessen die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit seiner Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und im Hinblick auf ein besonderes Haftungsrisiko des RA. Unter "billigem Ermessen" ist zu verstehen, dass bei der Bestimmung der Gebühr alle Umstände angemessen zu berücksichtigen sind, wobei die Bemessung der Gebühr in jedem Einzelfall gerecht zu erfolgen hat. Die Entscheidung des Rechtsanwaltes darf nur auf Ermessensfehler, nicht aber auf ihre "Richtigkeit" überprüft werden, d.h. der Richter darf nicht sein Ermessen an die Stelle des Beurteilungsspielraums des Rechtsanwaltes setzen.
aa) Umfang
Rz. 108
Bei der Betrachtung des "Umfangs" ist nicht auf den Umfang der Angelegenheit abzustellen, sondern auf den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, insbesondere den erforderlichen Zeitaufwand zur Betreuung des Mandats.[25] Bei der Bemessung des Umfangs kommen z.B. die Dauer der Vorarbeit, insbesondere der Informationsbeschaffung, die Dauer der Auswertung von Rechtsprechung und Literatur oder die Dauer von Besprechungen und Vertragsverhandlungen in Betracht.[26]
bb) Schwierigkeit
Rz. 109
Das Kriterium "Schwierigkeit" ergibt sich aus der Intensität der Arbeit. Die anwaltliche Tätigkeit ist als schwierig zu beurteilen, wenn Probleme in tatsächlicher und rechtlicher Art zu lösen sind, die in durchschnittlichen Angelegenheiten nicht auftreten. Tatsächliche Schwierigkeiten können z.B. sein, dass zwischen dem RA und dem Auftraggeber oder dem Gegner sprachliche Verständigungsschwierigkeiten bestehen; ein Anhaltspunkt für rechtliche Schwierigkeiten kann auch vorliegen, wenn sich der RA in abgelegene Rechtsgebiete einzuarbeiten hat.[27]
cc) Bedeutung
Rz. 110
Die "Bedeutung" der Angelegenheit stellt ein subjektives Merkmal dar, das aus der Betrachtung des Auftraggebers zu ermitteln ist. Neben der tatsächlichen und rechtlichen Bedeutung ist auch auf die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ideellen Auswirkungen des Ausgangs der Angelegenheit abzustellen.[28] Darunter können z.B. Verlust der Arbeitsstelle oder der wirtschaftlichen Existenz fallen.
dd) Einkommensverhältnisse
Rz. 111
Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse des Auftraggebers ist von den durchschnittlichen Verhältnissen der Bevölkerung auszugehen, wobei vielfach auf die Werte des statistischen Bundesamtes zurückgegriffen werden. Die vom statistischen Bundesamt veröffentlichen Werte berücksichtigen jedoch nicht die Personen, die über kein eigenes Einkommen verfügen, so dass zum Ausgleich ein Abschlag vorzunehmen ist.[29] Damit das Einkommen des Auftraggebers bei der Ermessensentscheidung i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG relevant ist, muss die Differenz zum Durchschnittswert erheblich sein. Erheblichkeit wird bejaht bei einer Differenz von 20 %, so dass ausgehend von einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von 1.500,00 EUR innerhalb einer Einkommensspanne von 1.200,00 EUR bis 1.800,00 EUR die Einkommensverhältnisse des Auftraggebers ohne Bedeutung sind.[30] In der Praxis handelt es sich um einen kaum tragfähigen Gesichtspunkt.
ee) Vermögensverhältnisse
Rz. 112
Bei den Vermögensverhältnissen ist auf die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers – nich...
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