Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 847
Das Recht der Amtshaftung unterscheidet zwischen dem Beamten im haftungsrechtlichen und dem Beamten im statusrechtlichen Sinne. Die Unterscheidung dieser Begrifflichkeiten beruht auf der zivilrechtlichen Ausgestaltung der haftungsrechtlichen Anspruchsgrundlage des § 839 Abs. 1 S. 1 BGB und der Zuweisung der Haftung an den Staat über die Norm des Art. 34 S. 1 GG. Sie ist deshalb von Bedeutung, weil nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung in Art. 34 GG die Amtshaftung den Staat trifft, wenn jemand in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt hat. Die Amtshaftung soll also den gesamten Bereich des hoheitlichen Handelns des Staates erfassen, unabhängig davon, ob ein Beamter im statusrechtlichen Sinne gehandelt hat. Auf die statusrechtliche Einordnung des Amtsträgers kommt es mithin nicht an.
Rz. 848
Beamte im haftungsrechtlichen Sinne sind daher zunächst die Beamten im statusrechtlichen Sinne, darüber hinaus aber auch die in sonstige öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse Berufenen (wie etwa Soldaten), die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Gemeinderatsmitglieder bei der Beschlussfassung im Rahmen des ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes und Mitglieder sonstiger öffentlich-rechtlicher Entscheidungsgremien, Rechtssetzungsorgane oder Bürgermeister. Ausschlaggebendes Kriterium ist, ob der betreffenden Person die Ausübung öffentlicher Gewalt anvertraut ist. Die Ausübung öffentlicher Gewalt ist dann anvertraut, wenn die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn sich die Tätigkeit der Person entfaltet, dem Bereich hoheitlicher Betätigung zuzurechnen ist und zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein innerer Zusammenhang besteht. In einem Anstellungs- oder sonstigen Dienstverhältnis muss der Beamte im haftungsrechtlichen Sinne zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft nicht stehen, sondern er kann freiberuflich tätig sein, selbstständiger Unternehmer oder Arbeitnehmer sein. In diesem Sinne sind etwa den Sachverständigen der Technischen Überwachungsvereine als Beliehene hoheitliche Aufgaben anvertraut. Ebenso können selbstständige, privatrechtliche Unternehmer jedenfalls dann Beamte im haftungsrechtlichen Sinn sein, wenn ihnen von der öffentlichen Hand Aufgaben übertragen werden und der hoheitliche Charakter der Aufgabe bei deren Wahrnehmung in den Vordergrund tritt. Je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers ist und je enger die Verbindung zwischen hoheitlicher Aufgabe der Behörde und Tätigkeit des Unternehmers ist, desto eher wird man die Beamteneigenschaft eines selbstständigen Unternehmers bejahen müssen.
Rz. 849
Beamter im statusrechtlichen Sinne ist derjenige, der unter Überreichung einer Ernennungsurkunde zu einem öffentlich-rechtlichen Treue- und Dienstverhältnis zum Staat oder zu einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts berufen worden ist. Wird ein Beamter im statusrechtlichen Sinne tätig, kommt es für die Anwendung des § 839 BGB nicht darauf an, ob er im Einzelfall hoheitlich oder privatrechtlich gehandelt hat. Übt er seine Tätigkeit in privatrechtlicher Funktion des Dienstherrn aus, haftet der Beamte persönlich, weil die Ausübung eines öffentlichen Amtes Voraussetzung der Haftungsübernahme nach Art. 34 GG ist.
Rz. 850
Zu den statusrechtlichen Beamten gehören alle Beamten des Bundes, der Länder und der Gemeinden und sonstiger öffentlich-rechtlicher Körperschaften; ausschlaggebend ist die beamtenrechtliche Berufung in das Beamtenverhältnis. Deshalb gehören auch zu Beamten die von den öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften Berufenen und beamtete Krankenhausärzte. Die beamtenrechtliche Ausgestaltung des Dienstverhältnisses (auf Zeit, auf Lebenszeit, auf Widerruf oder auf Probe, nebenamtlich, unentgeltlich, ehrenamtlich) ist dabei unerheblich.
Rz. 851
Nicht zu den statusrechtlichen Beamten gehören Richter und Soldaten sowie jene Personen, die mit der Ausübung öffentlicher Aufgaben beliehen sind, ohne statusrechtlich in ein Beamtenverhältnis übernommen worden zu sein (Notare, Testamentsvollstrecker, Nachlass- und Insolvenzverwalter, Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure, Prüfingenieure für Baustatik, Schornsteinfeger etc.). Da Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes keine im statusrechtlichen Sinne ernannten Beamte sind, richtet sich ihre persönliche Haftung in Fällen, in denen sie bei Ausübung ihrer Aufgaben in privatrechtlicher Form eingesetzt sind, nicht nach § 839 BGB, sondern nach den §§ 823 ff. BGB. Dagegen richtet sich die Haftung des Beamten im statusrechtlichen Sinn stets nach § 839 BGB, auch wenn er für seinen Dienstherrn privatrechtlich tätig wird. Ihm kommt deshalb auch stets das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB zugute. Der statusrechtliche Beamtenbegriff ist also von Bedeutung, wenn der Amtsträger bei der Ausübung privatrechtlicher Funktionen des Dienstherrn handelt und der Beamte deshalb persönlich...