Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 390
Ähnlich wie bei Sportveranstaltungen gilt auch bei der Jagd der Grundsatz, dass der Veranstalter einer Jagd nicht für eine völlige Gefahrlosigkeit der Jagd einstehen kann. Dies bedeutet aber nicht, dass der Jagdbeteiligte von vornherein auf jegliche Haftung aus fahrlässigen Handlungen der übrigen Jagdteilnehmer verzichtet. Die Jagdunfallverhütungsvorschriften, die von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften erlassen wurden, enthalten Regeln für ein jagdgerechtes Verhalten. Sie begründen Verhaltenspflichten, die dem Schutz von Leben und Gesundheit dienen; sie dienen daher auch außerhalb ihres unmittelbaren Geltungsbereichs als Maßstab für verkehrsgerechtes Verhalten. Verstöße gegen die Jagdunfallverhütungsvorschriften stellen regelmäßig eine schuldhafte Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht dar.
a) Schusswaffe
Rz. 391
Ein Schuss darf nur dann abgegeben werden, wenn das Zielobjekt genau und sicher abgesprochen ist und die Gewissheit besteht, dass kein Mensch unmittelbar durch den Schuss oder durch ein Abprallen des Geschosses getroffen werden kann. In unübersichtlichem Gelände darf nicht geschossen werden, sofern die Möglichkeit besteht, dass ein Mensch in die Schusslinie gerät. Der Jäger muss damit rechnen, dass die Munition bei Auftreffen auf einen harten Gegenstand in unberechenbarer Weise in alle möglichen Richtungen abprallen kann.
Rz. 392
Bei der Handhabung der Schusswaffe muss der Jäger damit rechnen, dass es immer wieder vorkommt, dass sich auch aus einer gesicherten Waffe bei einer Erschütterung oder einem Aufprall ein Schuss löst. Deshalb muss der Jäger sein Gewehr sofort entladen, wenn die Jagdausübung beendet ist. Die Waffen dürfen nur während der tatsächlichen Jagdausübung geladen sein (§ 3 Abs. 1 UVV Jagd).
Rz. 393
An die sichere Aufbewahrung von Waffen sind allgemein höchste Anforderungen zu stellen. Die Anforderungen sind umso strenger, wenn ein Minderjähriger eine Waffe bereits eigenmächtig verwendet hatte und dies dem Eigentümer bekannt war.
b) Treibjagden und sonstige Gesellschaftsjagden
Rz. 394
Nach § 4 Abs. 1 der UVV Jagd ist bei Treibjagden und anderen Gesellschaftsjagden ein Jagdleiter zu bestimmen, dessen Anordnungen zu befolgen sind. Der Jagdleiter ist für die gefahrlose Organisation und Durchführung der Jagd verantwortlich. Er muss dafür sorgen, dass die Jagdunfallverhütungsvorschriften eingehalten werden. Der Regelungsgehalt der UVV Jagd besteht darin, dass der Veranstalter einer Treibjagd zu vermeiden hat, dass es zu Verkehrsunfällen durch fliehendes Wild beim Überqueren von Straßen kommt sowie dass Jagdteilnehmer und dritte Personen durch Schüsse verletzt werden. Er muss vor allem in der Nacht und auf unübersichtlichem Gelände für eine genaue Festlegung des Standorts der Jagdbeteiligten sorgen. Der Jagdveranstalter (Jagdleiter) handelt fahrlässig, wenn er Personen zur Jagd einlädt, die ihm als leichtsinnige Schützen bekannt sind oder die keinen Jagdschein besitzen und keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Er ist verpflichtet, vor Beginn der Jagd die Eignung der Jagdteilnehmer zu überprüfen und zu kontrollieren, ob diese im Besitz eines Jagdscheines (vgl. § 15 BJagdG) sind. Bei schriftlichen Jagdeinladungen empfiehlt es sich, in auffälliger Weise darauf aufmerksam zu machen, dass die Teilnahme an der Jagd nur zulässig ist, wenn der Jagdgast Inhaber eines gültigen Jagdscheins ist und die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Der Jagdleiter darf Personen, die keinen gültigen Jagdschein bei sich haben, nicht zur Jagd zulassen. Er muss sich zwar vor Beginn der Jagd nicht den Jagdschein zeigen lassen. Er wird aber danach fragen müssen, um sich zu entlasten.
Rz. 395
Das Gewehr ist vor und nach dem Treiben mit der Mündung nach oben zu tragen (§ 4 Abs. 10 UVV Jagd). Es besteht keine allgemeine Verkehrssicherungspflicht zum Schutz von Geländereitern vor Schussgeräuschen bei einer Treibjagd. Der Veranstalter einer Jagd muss die Anlieger wegen der zu erwart...